Und schon ist das zweite Adventswochenende erreicht. Die Zeit vor Weihnachten rast immer ganz besonders schnell. Noch immer hat meine kleine Geschichte keinen Titel, aber ich bin dran und hoffe, dass es sich bald ändert :))))
Vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren.
Die GewinnerInnen stehen am Ende des Kapitels.
Ich wünsche euch viel Spaß und einen schönen Samstag!
Liebe Grüße
Karo
3.
„Bist du nicht zu alt für so eine alberne Flucht?“
„Was denn für eine Flucht?“, erkundigte sich Sönke mit einem schiefen Grinsen.
„Stell dich bloß nicht dumm, sondern erzähl mir den Grund, weshalb wir über den Hinterhof nach draußen gelangt sind. Und anstatt gemütlich eine Runde über den Weihnachtsmarkt zu drehen,
laufen wir durch dunkle Gassen.“
Sönke spürte Paulis Blick, aber er schüttelte lediglich den Kopf, denn er hatte keine wirklich gute Erklärung. Noch war er nicht bereit, ihr von seinem Zustand zu erzählen und schon gar nicht von
diesem seltsamen Gefühl, das die kurze Begegnung und Berührung mit dem fremden Mann ausgelöst hatte.
„Der Typ war doch total niedlich“, sagte Pauli kichernd.
„Eher ziemlich alt“, hielt Sönke dagegen.
„Hm, wirklich? Ich fand ihn heiß mit diesem dicken Mantel und der süßen Mütze. Er sah zum Anbeißen aus. Wieso wolltest du ihn nicht anbeißen? Du lässt dir doch sonst keine Chance entgehen?“ Sönke
bekam einen Stupser gegen die Schulter. Sie lachte, während sein Herz sich unruhig in der Brust regte. Wie lange konnte er das Geheimnis wohl noch für sich behalten? Eigentlich war er sich
sicher, dass Pauli damit umgehen konnte, aber was, wenn nicht? Sönke wollte sich nicht ausmalen, wie das Leben ohne seine beste Freundin sein würde. Sie waren doch immer füreinander da. Nein, er
schüttelte energisch den Kopf. Pauli würde ihn nicht im Stich lassen. Sie wusste über HIV Bescheid. Es gab keinen Grund, an ihr zu zweifeln. Und doch hoffte er, dass er noch eine Weile so tun
könnte, als wäre da nicht dieses Virus in seinem Körper.
„Was ist los? Du bist schon seit ein paar Tagen so merkwürdig. Weihnachtsblues?“ Sie hakte sich bei ihm ein. Die Straße war menschenleer. Sönke hatte mit Absicht einen Weg nach Hause gewählt, der
ein wenig abseits der normalen Route lag. Seine Begründung war durchaus plausibel, denn es war eine Abkürzung und in Anbetracht der Kälte, wollte er so schnell wie möglich in seine warme Wohnung.
Allerdings wäre der Gang über den Weihnachtsmarkt und durch die hell beleuchteten Straßen ein wenig schöner gewesen. Ganz abgesehen davon, dass es tatsächlich nur wenige hundert Meter Unterschied
waren.
„Keine Ahnung“, erwiderte Sönke verspätet und suchte fieberhaft nach einer Erklärung für sein Verhalten. Er wollte Pauli nicht anlügen, das hatte er bisher noch nie getan.
„Komm schon, irgendetwas stimmt mit dir doch nicht.“
„Du weißt schon...“, sagte er seufzend. „Zu Weihnachten wäre ein Partner ganz schön. Geht es dir nicht genauso?“
„Hach ja“, seufzte sie und schmiegte sich dichter an ihn. „Eigentlich habe ich im Moment ja genug von der Liebe, aber so zu Weihnachten ... Das wärs. Aber die Traummänner wachsen nun mal nicht
auf den Bäumen.“
„Nein, leider nicht. Scheint, als würden sie sich vor uns eher verstecken.“ Sönke konnte nichts gegen den frustrierten Tonfall in seiner Stimme tun. Eigentlich war er nicht auf der Suche, aber
irgendwie ... Das Bild von David tauchte in seinem Kopf auf. Er konnte die Wärme spüren und ein wohliger Schauer rann über seine Haut.
„Ich wusste gar nicht, dass du dich nach einem Partner sehnst. Behauptest du nicht immer, dass Ficken vollkommen ausreicht? Gibt es etwa keine Weihnachtssexparty? Rudelbumsen mit Rudolph und den
anderen Rentieren?“ Sie begann erneut zu lachen, während Sönke genervt die Augen verdrehte.
„Deine Witze waren auch schon besser“, knurrte er. Sein Herz begann schneller zu schlagen und eine unangenehmes Pochen breitete sich hinter der Stirn aus.
„Im letzten Jahr gab es so eine Party. Du hast davon erzählt.“
„In diesem Jahr werde ich ausnahmsweise brav bleiben. Rudolph kann sich von jemand anderen ficken lassen.“
„Warum?“, fragte sie und blieb abrupt stehen.
„Was meinst du?“, erkundigte sich Sönke unwohl und schluckte schwer.
„Bist du etwa verliebt?“ Pauli stellte sich dicht vor ihn, legte einen Hand in seinen Nacken und zog seinen Kopf zu ihr nach unten. Kritisch sah sie ihm in die Augen und wiederholte die Frage.
Sönkes Hals fühlte sich plötzlich ganz trocken an. Er versuchte sich, ihrem Griff zu entziehen.
„Nein, bin ich nicht, aber vielleicht ... vielleicht wäre ich es gern.“
„Der Typ auf dem Weihnachtsmarkt“, rief sie triumphierend und ließ ihn los. „Liebe auf den ersten Blick und jetzt bist du abgehauen. Wie kann man sich nur so idiotisch verhalten. Lass uns
zurückgehen. Vielleicht ist er noch da.“ Pauli schnappte seine Hand, drehte sich um und zog ihn in die Richtung, aus der sie gerade gekommen waren.
„Verdammt, nein, ich will einfach nur nach Hause“, knurrte er und entzog seine Hand. Eine Weile sahen sie sich schweigend an, dann zuckte Pauli mit den Schultern und seufzte schwer.
„Netflix und Rotwein?“, fragte sie und Sönke stöhnte erleichtert auf.
„Unbedingt“, erwiderte er und legte seinen Arm um ihre Schulter. „Danke“, flüsterte er leise.
„Das ist noch nicht vorbei“, drohte Pauli gutmütig. „Aber ich bin geduldig, denn ich weiß, du wirst mir erzählen, was passiert ist.“
„Das werde ich“, antwortete er und kämpfte gegen den dicken Kloß in seinem Hals. „Nur nicht heute.“
„Okay, damit kann ich leben. Trotzdem, der Kerl war heiß und er stand eindeutig auf dich. Hoffentlich hast du jetzt nicht deine Chance auf eine Weihnachtsliebe vertan.“
„Das bezweifle ich ganz stark“, erwiderte Sönke und war unendlich dankbar für diese besondere Freundschaft. Gleichzeitig konnte er nichts gegen diesen winzigen Hoffnungsschimmer machen, den Pauli
ihn mit ihren Worten ins Herz gepflanzt hatte. Bisher hatte er eigentlich niemals nach Liebe gesucht, aber jetzt ... jetzt war ihm, als hätte er sie bereits für alle Zeit verloren. Was für ein
dummer Gedanke!
Kaum hatte er die Haustür aufgeschlossen, umfing sie ein wunderbarer Duft nach selbstgemachten Eierpunsch.
„Oh mein Gott“, flüsterte Pauli und zog genießerisch den Duft ein. „Jetzt bin ich wirklich in der Weihnachtszeit angekommen. Der Punsch deiner Mutter ...“ Pauli sah ihn verträumt an und brachte
Sönke zum Lachen. Natürlich ging in diesem Moment die Tür zur Küche auf und seine Mutter erschien mit einem breiten Grinsen im Hausflur.
„Habe ich mich doch nicht verhört. Wer hat Lust auf Punsch?“
Noch ehe sie die Frage zu Ende ausgesprochen hatte, war Pauli quasi schon in der Küche. Sönke schüttelte lachend den Kopf.
„Na Sohn, habt ihr euch gut um Jesus in der Krippe gekümmert?“, erkundigte sich seine Mutter kichernd.
„Es war saukalt“, grummelte er, zog Schuhe und Jacke aus und ging ebenfalls in die große Wohnküche seiner Eltern. Pauli saß bereits in der gemütlichen Sitzecke und klopfte ungeduldig mit den
Fingern auf die Tischplatte. Offensichtlich hatte sie bereits den ursprünglichen Plan aufgegeben. Im Grunde hatte Sönke nichts dagegen, auch wenn er wusste, dass seine Mutter und Pauli ein Team
bildeten, vor dem er sich in Acht nehmen mussten. Die beiden schafften es stets, jedes Geheimnis in Erfahrung zu bringen. Sönke schloß für einen kurzen Moment die Augen. Es gab eine Zeit,
da hatte er sich gewünscht, nicht schwul zu sein, davon geträumt, ein gemeinsames Leben mit Pauli zu haben. Es erschien ihm so leicht und beinahe unwiderstehlich. In einem schwachen und
alkoholschwangeren Moment hatte er ihr sogar davon erzählt. Zuerst war Pauli ganz perplex, dann rollte sie sich lachend über das Sofa, fiel herunter und kullerte auf dem Boden weiter. Zwischen
all dem Lachen und Prusten hörte er Worte wie: Bruder, kein Sex und unvorstellbar. Zuerst war er von ihrer Reaktion enttäuscht, aber dann doch einfach nur froh, dass ihre Gefühle seinen
entsprachen. Die Angst, dass seine beste Freundin unglücklich in ihn verliebt sein könnte, war damit endgültig gebannt.
Sönke rutschte neben sie auf die Eckbank. Die Mutter stellte drei Becher mit dampfenden Punsch vor ihnen ab und setzte sich dazu.
„Erzählt mal, wie war es auf dem Weihnachtsmarkt.“
Pauli verdrehte die Augen und begann sofort mit einem detailgetreuen Bericht. Natürlich ließ sie auch die Begegnung mit David nicht aus. Er spürte den fragenden Blick seiner Mutter, aber er
zuckte lediglich mit den Schultern. Was sollte er auch sagen?
„Die Weihnachtszeit ohne deinen Punsch ist einfach unvorstellbar“, schwärmte Pauli. Ihre Wangen waren inzwischen rot gefärbt und ihre Augen glänzten. Der Punsch war nicht nur lecker, sondern ging
auch ziemlich schnell ins Blut.
Zuerst zögerte Sönke, aber dann konnte er sich nicht länger dem köstlichen Geschmack entziehen und trank ebenso schnell wie die beiden Frauen. Ehe er sich versah, hatte er einen Schwips. Die
Wärme, die der Punsch auslöste, tat gut und vertrieb die düsteren Gedanken. Sönke begann gemeinsam mit den Frauen zu kichern, lauschte dem neuesten Klatsch und erinnerte sich lachend an die
Folgen vergangener Abende mit zu viel Eierpunsch.
„Zum Nikolaus gibt es eine Lesung in der Bibliothek“, sagte seine Mutter mit deutlich schwerer Stimme. „Wollt ihr nicht hingehen?“
„Wer liest denn?“, erkundigte sich Pauli neugierig.
„Den Namen habe ich schon wieder vergessen“, erwiderte die Mutter kichernd. „Anke hat die Lesung kurzfristig angesetzt. Eigentlich sollte jemand anders kommen, der hat aber abgesagt und dann ...
Ach ich weiß auch nicht, aber Anke war von dem Buch so begeistert und dann hat der Autor tatsächlich zugesagt.“
Fragend sehen wir beide sie an.
„Moment“, rief seine Mutter und wühlte in einem Stapel Papier, der neben ihr auf der Bank lag. „Habs gleich.“ Ein paar Zeitungen fielen auf den Boden. Dann hielt sie einen Flyer in die Luft und
streckte ihn schließlich mit beiden Händen so weit weg, wie es ging.
„Ohne Brille bin ich echt blind“, fluchte sie und schüttelt den Kopf. „Mein fremdes Leben heißt das Buch. Eine Biographie von D. Hartwig.“
„Klingt nicht besonders interessant“, behauptete Pauli. Sönke stimmte ihr zu. Genau genommen las er nur äußerst selten. Er war eher ein Serienjunkie, weshalb ein Leben ohne Netflix kaum
vorstellbar war. Eine Bibliothek hatte er dagegen in den letzten Jahren nur aus einem einzigen Grund betreten: um seine Mutter von der Arbeit abzuholen.
„Nein, wartet mal. Ich glaube, das wäre was für dich“, rief die Mutter und forderte erneut Aufmerksamkeit.
„Hier geht es um Aids.“
„Was hat das mit mir zu tun?“, rief er panisch und spürte, wie sein Körper augenblicklich unter Strom stand. Zwei Augenpaare sahen ihn fragend an. Er wand sich auf seinem Sitz und überlegte
sogar, die Flucht zu ergreifen.
„Na hör mal“, sagte Pauli mit einem Hicksen. „Du bist doch derjenige, der ständig Vorträge über HIV hält und ... und so.“
„Genau“, stimmte die Mutter ebenfalls zu. „Ohne dich, wäre mein Wissen auf dem Stand der frühen 90iger Jahre stehengeblieben. Außerdem geht es in diesem Buch auch gerade um die Anfangszeit und
über einen Langzeitüberlebenen. Anke meinte, sie konnte das Buch nicht mehr weglegen und geheult hätte sie auch.“
„Ich ... es ist nur ... also ...“ Plötzlich hatte Sönke das Gefühl, die wohlige Wirkung des Alkohols wäre schlagartig verschwunden. Sein Herz hämmerte wild gegen die Rippen und die Zunge klebte
am Gaumen. Ihm war schlecht, deshalb schloss er die Augen und versuchte, wieder zur Ruhe zu kommen.
„Irgendetwas stimmt mit dir nicht“, flüsterte Pauli ihm zu.
„Wieso hat dich diese Lesung denn so aus der Bahn?“, fragte nun auch seine Mutter.
„Weil ich positiv bin“, raunte er so leise, dass er die Worte selbst kaum verstehen konnte.
Nach diesem aufregenden Geständnis und einem kleinen Cliffhanger kommen wir nun zur Auslosung der GewinnerInnen:
Das rosafarbene Paket hat gewonnen:
Brigitte Böhm
Das blaue Paket geht an:
Martina Grimpe
Herzlichen Glückwunsch!
Bitte schickt eure Adressen an nachricht@karostein.de oder an kath74@gmx.de. (natürlich dienen sie nur dem Zweck, euch den Gewinn zuzuschicken. Danach werden sie
wieder gelöscht)
Vielen Dank für eure Teilnahme. Morgen gibt es wieder eine kleine Aktion und in der nächsten Woche öffnet auch Schwengelbells erneut sein Internetportal und gibt Weihnachten seine ganz besondere Note.
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Brigitte Böhm (Samstag, 08 Dezember 2018 11:39)
Hallo Karo,
vielen Dank! Mail ist raus :-)
LG
Piccolo (Samstag, 08 Dezember 2018 17:57)
Hallo Karo,
ein tolles Kapitel. Dankeschön.
So, jetzt hat Sönke die Bombe platzen lassen. Ich bin mir auch sehr sicher, dass D. Hartwig der David vom Weihnachtsmarkt ist.
LG Piccolo
Jana P. (Sonntag, 09 Dezember 2018 19:09)
Herzlichen Glückwunsch den beiden Gewinnerinnen���
Zum Glück hat Sönke die eine Freundin, ich glaube, sie lässt ihn niemals im Stich. Nun ist es raus, bin gespannt, wie es weiter geht. Wünsch dir noch einen schönen Adventssonntag und bis bald, LG von Jana