Herzlich Willkommen zum zweiten Advent.
Ich wünsche euch einen wunderschönen und gemütlichen Sonntag.
Bevor ihr das nächste Kapitel lesen könnt, kommt meine kleine Sonntagsaktion.
Diesmal ist es kein klassischer Gewinn, sondern Weihnachtspost:
Mit freundlicher Unterstützung von Schwängelbells dot com verschicke ich zehn Weihnachtskarten.
Schreibt einen Kommentar unter diesen Beitrag und ihr bekommt Weihnachtspost von mir.
Sollten mehr als zehn Personen mitmachen, entscheidet das Los.
Ich wünsche euch viel Spaß und Glück und freue mich schon jetzt auf das nächste Wochenende, wo mein "Lieblingsinternetportal" seine Pforten für euch öffnet und ein ganz besonderes Geschenk bereitgestellt hat.
Aber zuerst erzählt uns Sönke, wie seine Weihnachtsgeschichte weitergeht.
Liebe Grüße
Karo
4.
Für einen Moment schien die Welt stehen zu bleiben, dann drehte sie sich schneller als ein Kettenkarussell und sorgte dafür, dass Sönke sich eilig erhob und ins Bad seiner Eltern floh. Eine
unbändige Angst schnürte ihm die Kehle zu und presste ihm die Luft aus der Kehle. Sönke stützte sich auf dem Rand des Waschbeckens ab und versuchte tief durchzuatmen. Er vermied den Blick in den
Spiegel, drehte stattdessen das kalte Wasser an und ließ es über seine Handgelenke laufen. All die Jahre hatte er gedacht, dass er viel cooler mit einem positiven Ergebnis umgehen könnte. Er
lachte bitter auf und hob nun doch den Kopf, um sein Spiegelbild zu betrachten. Ein grauenvoller Anblick, den er mit einem schiefen Grinsen noch unterstrich.
Was machte ihn eigentlich am meisten fertig? Die Frage ging schon die ganze Zeit durch seinen Kopf. Er hatte keine Angst davor, regelmäßig Tabletten zu nehmen. Es machte ihm nichts aus, auf seine
Gesundheit zu achten, vielleicht sich sogar endlich ein bisschen mehr um sich selbst zu kümmern. An seinem sexuellen Verhalten musste er im Grunde auch nichts ändern. Ganz im Gegenteil. Wenn
alles gut funktionierte und er dank der Therapie unter die Nachweisgrenze kam, wäre es vermutlich sogar beruhigender, denn auf diese Weise würde er auch die Männer, die mit ihm fickten, schützen.
Aber seine Familie ... Die Menschen, die ihm so viel bedeuteten und nebenan auf ihn warteten.
Mit einer nassen Hand fuhr er sich über das Gesicht, dann straffte er die Schultern, drehte den Wasserhahn wieder zu und trocknete sich ab. Er warf einen weiteren Blick in den Spiegel und
versuchte sich für das, was ihn in der Küche erwartete, zu wappnen. Seine Beine zitterten als er zurückging. Am Tisch saßen nicht nur Pauli und seine Mutter, sein Vater hatte sich ebenfalls
dazugesellt. Alle drei schauten ihn aufmerksam an. Verlegen versuchte Sönke zu grinsen, wünschte sich, dass ihm irgendein cooler Spruch einfiel, aber sein Kopf schien vollkommen leer zu sein.
Dafür dröhnte sein Herz so laut, dass er sich sicher war, es würde im Raum widerhallen.
„Ist es wahr?“, fragte seine Mutter leise. Er sah die Tränen, die über ihre Wangen liefen und nickte.
„Bist du deshalb so angespannt?“, erkundigte sich Pauli und schaute ihn ebenfalls betroffen an.
„Es ist kein Weltuntergang“, sagte er verteidigend. Seine Stimme klang viel zu schrill. „Ich werde auch nicht demnächst sterben.“
„Das wissen wir, und trotzdem ...“ Sein Vater seufzte schwer und deutete auf den Platz neben ihm. „Setz dich zu uns.“
Eilig tat er es, denn so fühlte er sich ein bisschen weniger unter Anklage. Die Mutter legte ihre Hand auf seine und drückte sanft zu.
Pauli schob ihm seinen Becher über dem Tisch, in dem sich noch ein Schluck Eierpunsch befand. Sie sagte nichts, aber das war nicht nötig, denn er konnte in ihren Augen lesen, dass er seine beste
Freundin keineswegs verloren hatte. Eine unendliche Erleichterung überflutete ihn.
„Ich dachte, es würde mir leichter fallen“, sagte er schließlich leise. „Irgendwie hatte ich geahnt, dass es passieren würde, weil ... weil manche Dinge ...“ Er presste die Lippen zusammen und
verdrängte die Bilder, die sich augenblicklich in sein Gehirn schoben. Der Gedanke an das, was auf den Sexpartys passierte, gehörte wirklich nicht an den Küchentisch seiner Eltern. Selbst bei
Pauli blieb er da stets wage, auch wenn sie ziemlich an Sex zwischen Männern interessiert war.
„Wir müssen nicht darüber reden, wie es passiert ist, solange du nicht von jemanden genötigt oder ... oder ... Dir hat niemand Gewalt angetan?“
„Nein“, rief er eilig und schüttelte energisch den Kopf. „In dieser Richtung ist wirklich nichts passiert. Ich war ...“ Sönke rieb unschlüssig über seinen Nasenrücken und betrachtete den Inhalt
seiner Tasse. „Ich war unvorsichtig und habe das Risiko bewusst in Kauf genommen.“
„Dann solltest du jetzt hier auch nicht mit so einer Trauermiene herumsitzen“, behauptete sein Vater, griff nach Sönkes Tasse und trank den letzten Schluck aus.
„Hast du noch eine Runde für uns?“, fragte er schließlich seine Frau und stellte den Becher geräuschvoll zurück auf den Tisch.
„Ich hatte Angst euch davon zu erzählen“, gab Sönke zu. „Vor eurer Reaktion und ... und überhaupt.“
„Du weißt, dass wir dich lieben“, sagte seine Mutter, stellte einen heißen Eierpunsch vor ihm auf den Tisch und platzierte anschließend einen Kuss auf seinen Kopf.
„Deine Mutter hat wie immer recht“, stimmte auch der Vater zu. „Du bist mein Sohn, auch wenn ich nicht begreife, weshalb du so leichtsinnig warst. Aber das ist kein Vorwurf. Du hast schon so
viele schwierige Situationen gemeistert, also wirst du das auch schaffen. Du bist stark und selbstbewusst.“
„Für mich ändert sich auch nichts“, behauptete Pauli und lächelte ihn aufrichtig an. Sie stießen die Becher zusammen, schauten sich abwechselnd die Augen, lachten und tranken schließlich.
Sönke war erleichtert und genoss den Abend. Der dicke Stein in seinem Magen zerbröselte allmählich und verwandelte sich in Hoffnung.
Allerdings bemerkte er in den nächsten Tagen, dass doch nicht alles beim alten blieb. Er fühlte sich beobachtet und sah die Sorge in den Augen seiner Mutter. Der Vater erschien ihm distanzierter.
Er war sich nicht sicher, ob er sich alles nur einbildete. Vielleicht lag es auch an ihm, denn trotz der positiven Reaktion seiner Eltern und der besten Freundin kämpfte er noch immer mit der
Diagnose. Er schlief schlecht, fühlte sich den ganzen Tag wie ausgekotzt und hatte dementsprechend schlechte Laune und ein viel zu dünnes Nervenkostüm. Lust auf Sex verspürte er ebenfalls nicht.
Als er sich unter der Dusche selbstbefriedigte und sein Samen über seine Finger lief, bekam er eine unangenehme Gänsehaut und schruppte seine Hände bis sie rot waren und brannten. Es war
unlogisch und bescheuert, aber er hatte den Eindruck allmählich durchzudrehen. Danach war ihm die Lust auf jegliche Aktivitäten in dieser Richtung gründlich vergangen. Sönke hoffte, dass es
besser wurde, sobald er mit der Therapie begann und konnte den Termin beim Arzt kaum noch abwarten.
Vorher schleppte seine Mutter ihn jedoch zu der Lesung. Sie behauptete, dass er jetzt erst recht allen Grund hatte, sich die Veranstaltung nicht entgehen zu lassen. Er traute sich nicht, ihr zu
wiedersprechen, obwohl er viel lieber zu Hause geblieben wäre. Pauli kam ebenfalls mit. Nur sein Vater musste nicht teilnehmen. Sönke beneidete ihn ein bisschen.
Der Raum in der Bibliothek war gut gefüllt, was Sönke ziemlich verwunderte. Es war schließlich nun wirklich kein Thema, das die breite Bevölkerungsmasse betraf oder interessierte. Er hatte schon
so viele Menschen getroffen, die keinerlei Interesse an der Krankheit zeigten und glaubten, dass sie niemals auch nur in die Nähe eines Betroffenen kommen würden. Dabei war das großer Unsinn. Es
zeigte sich in den letzten Jahren sogar, dass viele Frauen, die teilweise deutlich über fünfzig Jahre waren, sich plötzlich mit den Folgen von Aids auseinandersetzen mussten. Immerhin saßen
tatsächlich sehr viele Personen dieser Altersgruppe hier.
„Wir drücken den Altersdurchschnitt nach unten“, flüsterte Pauli kichernd. Offenbar hatte sie sich wohl ganz ähnliche Gedanken gemacht.
„Geh raus aus meinem Kopf“, erwiderte er glucksend.
„Ich bin so aufgeregt“, rief seine Mutter und rutschte nervös wie ein Kleinkind auf ihrem Sitz hin und her. Irritiert sah Sönke sie an. Was war nur an dieser Buchlesung dran, dass seine Mutter
dermaßen aus dem Häuschen war? Auch Pauli schien ratlos zu sein.
„Der Anteil an Frauen im mittleren Alter liegt bei ...“ Pauli streckte den Hals und sah sich abschätzend um. „90 Prozent?“, sagte sie grinsend. „Entweder beinhaltet dieses Buch Sex- und
Liebesszenen, auf die die Frauen total abfahren oder aber ...“
„Verdammt“, knurrte ich, als der Autor zur Tür herkam und ein Raunen den Raum erfüllte.
„Oder der Autor sieht absolut umwerfend aus“, sagte sie lachend. „Das ist der Kerl vom Weihnachtsmarkt.“
„David“, nuschelte er und rutschte auf dem Stuhl nach unten. Einen Moment dachte er darüber nach, zu verschwinden, aber da er ziemlich mittig in einer Reihe saß, würde es ihm nicht unbemerkt
gelingen. Immerhin saßen sie nicht ganz vorn.
„Was für ein schöner Mann“, raunte seine Mutter ihm zu. Als er sie ansah, leuchteten ihre Augen und die Wangen trugen einen rosafarbenen Schimmer, der nichts mit Rouge zu tun hatte. Jetzt
verstand er auch, weshalb sie so enttäuscht war, dass die erste Reihe bereits besetzt war, als sie ankamen. Das wäre ja ein heftiger Schock gewesen, wenn er dort gesessen hätte.
„Ich hole mir auf jeden Fall ein Autogramm“, flüsterte sie ihm zu. „Vielleicht kannst du auch ein Bild von uns machen?“
„Was soll das denn?“, fragte er verwundert. „Woher kommt dieser Fangirlmodus?“
„Ach, daran ist Anke schuld“, erwiderte seine Mutter kichernd. „Sie hat uns nicht nur alle auf das Buch heiß gemacht, sondern auch auf den Autor. Wir haben in den letzten Tagen einige Videos von
ihm auf Youtube angeschaut. Er ist wirklich ein großartiger Mann und sieht obendrein so verdammt gut aus. Schade, dass er schwul ist.“
„Ja, wirklich schade“, knurrte Sönke. „Ich hätte ihn echt gern als Stiefvater.“
„Was redest du denn für einen Unsinn“, erwiderte sie und schaute ihn pikiert an. „Dein Vater und ich trennen uns ganz bestimmt nicht, aber ein bisschen Schwärmen wird doch wohl noch erlaubt sein.
Ganz abgesehen davon ist er ein bisschen zu jung. Er wäre eher was für dich.“
„Ganz bestimmt nicht“, grummelte er und hörte Pauli neben mir kichern.
„Bist du dir sicher?“, fragte seine Mutter. Verwirrt sah er sie erneut an und nun ... Er schluckte schwer, denn diesen Blick kannte er bereits. „Ich könnte dich vorstellen.“
„Auf gar keinen Fall“, knurrte er und versuchte noch ein bisschen tiefer auf dem Sitz zu rutschen.
„Deine Krankheit sollte dich nicht davon abhalten, den Mann fürs Leben zu suchen“, sagte sie und schaute mich ernst an. Sönke schloss für einen Moment die Augen und versuchte ruhig zu
bleiben.
„Das tut sie nicht, denn ich habe davor auch nicht gesucht. Außerdem werde ich diesen Mann wohl kaum zwischen all den Leuten finden.“
„Nein“, antwortete Pauli glucksend und deutete auf die kleine Bühne. „Er steht gleich dort vorn.“
„Oh Pauli, du hast ja so recht“, bekundete seine Mutter. Die beiden beugten sich ein wenig nach vorn und grinsten sich an. Wenn sie sich jetzt noch ein Highfive gaben, dann würde er aufspringen
und verschwinden. Was für ein Alptraum!
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Piccolo (Sonntag, 09 Dezember 2018 13:09)
Hallo Karo,
ich wünsche ebenfalls einen schönen 2. Advent.
Hach, der David vom Weihnachtsmann und D. Hartwig sind tatsächlich die selbe Person. Und das beste ist, Pauli und seine Mutter wollen Sönke am liebsten sofort mit ihn verkuppeln^^
LG Piccolo
Rali (Sonntag, 09 Dezember 2018 14:41)
Hallo,
ich glaube Sönke muss ein bisschen zu seinem Glück gezwungen werden, ich bin schon gespannt, wie David ihn erobert.
LG Rali
Anna (Sonntag, 09 Dezember 2018 17:18)
Hallo, ich wünsche dir auch einen schönen zweiten Advent. Ich freue mich riesig das es auch dieses Jahr wieder einen Adventskalender von dir gib mit einer tollen Geschichte. Er hat für mich schon ein bisschen Tradition. ;)
LG Anna
Susan (Sonntag, 09 Dezember 2018 19:47)
Hallo Karo,
Ich danke dir für den tollen Kalender. Auch deine Geschichte berührt mich.
Ich wünsche Dir noch eine besinnliche Adventszeit.
LG Susan
Brigitte Böhm (Montag, 10 Dezember 2018 14:49)
Hihi, ich hatte es gehofft :-) da hat David doch gleich die Chance Sönke nochmal zu treffen ... und da Pauli auch dabei ist, wird Sönke keine Chance haben zu flüchten hihi ja, manchmal muss man(n) eben zum Glück gezwungen werden