Ich wünsche euch einen schönen Valentinstag und damit auch einen wundervollen Start ins Wochenende!
Es war nicht leicht. Wer mein Schreibtagebuch verfolgt, hat mein Gejammer eventuell schon gelesen *lach*.
Vielleicht gehört die kleine Geschichte nicht zu meinen besten, aber ich hoffe, ihr habt trotzdem Spaß beim Lesen.
Für alle, denen das Lesen hier zu beschwerlich ist. Ich werde die Geschichte auch bei fanfiktion und bookrix einstellen.
PS: Ich hoffe, ihr entdeckt nicht zu viele Fehler, denn es wurde bisher nur von mir und meinem Schreibprogramm korrigiert)
»Verdammt, ich komme schon wieder zu spät.«
Ungestüm klettert Leander über mich hinweg und springt aus dem Bett. Der Anblick seines nackten, durchtrainierten Körpers ist heiß. Er sorgt dafür, dass sich mein Unterleib erneut zu regen
beginnt, dabei bin ich erst vor wenigen Minuten fulminant gekommen.
Eine weitere Runde wird es deshalb auch nicht geben. Obendrein bestätigt der Blick auf den Wecker, dass Leanders Mittagspause in zehn Minuten vorbei ist. Er braucht jedoch mindestens zwanzig, um
von hier ins Büro zu gelangen. Vermutlich wird es eher eine halbe Stunde dauern, bis er wieder an seinem Schreibtisch sitzt. Zum Glück ist das nicht mein Problem, denn ich habe noch genügend
Zeit, bis meine Schicht im Drogeriemarkt beginnt.
Ich rolle mich zur Seite und stütze meinen Kopf mit einer Hand ab, um Leander dabei zu beobachten, wie er fluchend seine Klamotten zusammensucht. Er hat einen geilen Körper, mit beeindruckenden
Muskelbergen. Sein nackter Arsch ist eine sexy Augenweide und sein Schwanz ... Er kann damit so gut umgehen, dass ich nicht genug von ihm bekomme. Wir mögen es beide ein bisschen härter, halten
uns nicht mit kuscheln oder küssen auf. Es geht um Lust und Befriedigung, obwohl ich mir manchmal durchaus mehr vorstellen könnte.
Es fällt mir schwer, die Finger von ihm zu lassen. Das ist wohl auch der Grund, weshalb wir dieses kleine Arrangement in der Mittagspause bereits seit einigen Monaten pflegen. Am Anfang hatte ich
gehofft, dass mehr daraus werden könnte. Ich war sogar ein bisschen verknallt, vermutlich weil er es mir so perfekt besorgen kann. Aber dieser Anflug von romantischen Gefühlen ist schnell
verflogen, als er mir von seiner Frau erzählt hat. Leander ist verheiratet. Mit einer Frau. Was ihn und leider auch mich zu einem verdammten Arschloch macht. Mein Verstand warnt mich davor, mich
weiterhin mit ihm zu treffen, aber der Sex ist geil und Leander ist ... er ist wirklich attraktiv und ausdauernd.
Seufzend schaue ich zu, wie er die Hose schließt und hastig Socken über die Füße zieht.
»Das war wieder verdammt geil«, stellt Leander mit einem anzüglichen Grinsen fest. Er bleibt vor dem Bett stehen und mustert mich mit seinen grauen Augen intensiv. Ich halte dem Blick stand und
rekle mich aufreizend.
»Du machst mich süchtig«, knurrt er dunkel und kneift mir in die linke Brustwarze.
»Reicht es, um deine Frau zu verlassen?«, erkundige ich mich spöttisch. Ich kenne die Antwort darauf und erwarte auch nichts anderes. Leander grummelt und setzt sich neben mich auf die
Matratze.
»Die Frage ist nicht ernst gemeint, oder?« Es ist deutlich zu hören, dass er keinen Bock auf diese Unterhaltung hat. Sein genervter Tonfall macht mich aggressiv und vertreibt das gute Gefühl des
Orgasmus.
»Natürlich nicht«, erwidere ich möglichst selbstgefällig und richte mich ebenfalls auf. »Aber was, wenn sie es wäre?« Ich kann es einfach nicht lassen.
»Du kennst die Antwort, Ben. Ich ficke echt gern mit dir, aber mehr will ich nicht. Wir kommen doch beide auf unsere Kosten.«
»Nur, dass ich allein zurückbleibe, während du zu deiner Frau ins Bett krabbelst. Wirst du sie heute Abend auch noch ficken?« Wütend presse ich die Lippen zusammen und ärgere mich über meine
fehlende Selbstbeherrschung. Wir hatten dieses Gespräch schon vor einer Weile. Damals wollte mein Herz anfangen, für ihn zu schlagen, aber Leander war ziemlich deutlich. Er hat mir nie Hoffnungen
gemacht, was vermutlich sogar ein positiver Zug von ihm ist. Trotzdem ist es frustrierend.
»Was soll der Scheiß?« Offensichtlich genervt starrt er mich an und schüttelt den Kopf. »Lass uns ein anderes Mal darüber reden. Ich muss jetzt wirklich los. Solltest du genug von dem hier haben,
sag es mir. Ich werde es akzeptieren, auch wenn ich es bedauerlich fände.«
»Gehst du dann los und suchst dir einen neuen Kerl? Oder hast du schon einen am Start. Gibt es noch mehr Männer, mit denen du deine Frau betrügst?«
Verdammt, ich klinge wie eine eifersüchtige Diva. Jedes Wort von mir ist eine Provokation, aber damit bringe ich Leander nicht aus der Ruhe. Wenn ich tief in mich hineinhöre, weiß ich längst,
dass zwischen uns nichts als Sex ist. Es ist wohl eine Art Bequemlichkeit und vielleicht sogar eine gewisse Abenteuerlust, die mich immer wieder dazu bringt, den Verabredungen zuzustimmen und ihn
auf diese Art zu reizen.
»Bist du dir sicher, dass du das hier noch willst?«, fragt er so ruhig, dass ich keinen Zweifel daran habe, welche Stellung ich in seinem Leben einnehme. Leander verschränkt abwartend die Arme
vor der Brust.
»Nein, eigentlich will ich es schon lange nicht mehr. Allerdings fühlt sich dein Schwanz so geil in meinem Arsch an ...«
»Das ist doch genau die Basis, die uns verbindet«, unterbricht er mich mit einem überheblichen Grinsen. »Wir ficken und haben eine gute Zeit zusammen.« Er wackelt mit den Augenbrauen, dann beugt
er sich zu mir und drückt mir einen Kuss auf die Wange. »Kein Bedauern, keine Schuldgefühle, keine Ansprüche.«
»Solltest du nicht los?«, frage ich mürrisch und setze ein falsches Lächeln auf.
»Verdammt, du hast recht. Wir sehen uns. Und Ben, mach dir nicht so viele Gedanken. Das hier ist doch für uns beide geil. Und nur zur Beruhigung: Im Moment gibt es nur einen Mann.«
»Großartig«, knurre ich und lasse mich nach hinten fallen. Dieses Geständnis macht es wirklich nicht besser.
Lachend verlässt Leander das Zimmer. Wenige Sekunden später höre ich die Tür ins Schloss fallen.
Ich werfe erneut einen Blick auf die Uhr und ziehe die Decke über meinen Kopf. Am liebsten würde ich heute gar nicht mehr aufstehen, aber dann würde ich nur in Selbstmitleid versinken. Die Arbeit
lenkt mich hoffentlich genug von dem ganzen Scheiß hier ab, bis wir uns das nächste Mal treffen.
Ich mag meinen Job. Er war kein Notfallplan. Ich habe mich damals bewusst für eine Ausbildung bei einer großen Drogeriekette entschieden und bin glücklich, dass ich übernommen wurde. Inzwischen
arbeite ich dort schon seit zehn Jahren und bin stellvertretender Filialleiter. Der Umgang mit Menschen macht mir Spaß.
Außerdem stehe ich tatsächlich auf Beautyartikel. Ich teste jedes neue Duschgel und freue mich darüber, dass endlich auch die Produktpalette für Männer immer umfangreicher wird.
Manchmal benutze ich Nagellack und Eyeliner, wenn ich am Wochenende in einen Club gehe. Gott, ich war schon lange nicht mehr tanzen. Irgendwie dreht sich mein ganzes Leben nur noch um Leander.
Ich warte auf seine Anrufe wie ein verknallter Teenager. Dabei empfinde ich keine Liebe für ihn. Es ist inzwischen auch für mich nur eine Fickbeziehung.
Der anfängliche Rausch ist längst verschwunden.
Schon seit einer ganzen Weile gefällt mir diese passive Rolle nicht mehr, die Leander mir zugedacht hat. Im Bett ist es vollkommen okay. Ich liebe es, wenn sich sein Schwanz in meinen Arsch
schiebt, dieses Gefühl ganz ausgefüllt zu sein, sich fallenzulassen und die Kontrolle abzugeben. Davon jedoch abgesehen, habe ich mein Leben eigentlich bisher immer selbst gestaltet.
Seit ich Leander kennengelernt habe, bin ich in eine Art Abhängigkeit gerutscht, die mir gar nicht entspricht. Ich muss stets darauf warten, dass er Zeit hat, bin für ihn stets abrufbereit. Dafür
bekomme ich jedoch, abgesehen von dem leider verdammt großartigen Sex, nichts zurück. Sein Zeitplan ist eng, sodass wir eigentlich sofort im Bett landen. Gespräche über persönliche Dinge gibt es
kaum. Natürlich nicht, dafür hat er schließlich seine Frau. Was ich mir wünsche, spielt für ihn keine Rolle. Wenn ich ehrlich zu mir bin, weiß ich schon lange, dass ich bereit für mehr bin. Nicht
unbedingt mit Leander, sondern grundsätzlich. Ich möchte einen Freund, einen Mann an meiner Seite. Allmählich wird es Zeit, mir mit jemanden eine Zukunft aufzubauen. Ich kann nicht für immer die
praktische Fickgelegenheit bleiben.
Meine Wünsche lassen sich mit Leander nicht realisieren.
Frustriert schnaufe ich und strample mich unter der Decke hervor. Ich stehe auf, strecke mich ächzend und schaue aus dem Fenster. Der Februarhimmel ist grau, passend zu meiner Stimmung. Dabei
habe ich mich bisher immer für einen fröhlichen Menschen gehalten. In letzter Zeit bin ich jedoch ständig miesgelaunt und reizbar. Sogar meine Arbeitskollegen haben mich schon darauf angesprochen
und behauptet, dass sie mein sonniges Gemüt vermissen. Mir fehlt es auch.
»Verdammt, Leander«, rufe ich in den leeren Raum. »Du hast recht. Für mich ist es vorbei.« Die Worte auszusprechen, sorgt für eine erstaunliche Erleichterung. Der Druck, den ich schon seit
einiger Zeit auf meinem Brustkorb spüre, lässt nach. Das Atmen fühlt sich nicht mehr so schwer an. Sogar mein Herz scheint weniger hart zu schlagen. Blöd nur, dass Leander es nicht gehört hat.
Ich komme leider nicht drumherum, unser Fickverhältnis real zu beenden.
Grummelnd ziehe ich die Bettwäsche ab und reiße das Fenster zum Lüften auf. Ich werfe die Waschmaschine an und springe unter die Dusche. Um 14 Uhr beginnt meine Schicht. Ich muss mich allmählich
beeilen, damit ich nicht auch noch zu spät komme.
Als ich aus der Haustür trete, empfängt mich ein eiskalter Wind. Zum Glück habe ich mir den langen, kuschligen Schal um den Hals geschlungen, den mir meine Mutter zu Weihnachten geschenkt hat.
Ich ziehe die Schultern hoch und gehe mit schnellen Schritten zum Geschäft.
Eine halbe Stunde später betrete ich die Filiale durch den Hintereingang und bereite mich für die Arbeit vor.
In knapp zwei Wochen ist Valentinstag. Dementsprechend ist die Dekoration voller roter künstlicher Rosen, Girlanden aus pinkfarbenen Herzen, niedlichen Teddybären, Glitzer und diversen Dusch-und
Badezusätzen mit Liebessprüchen auf der Verpackung. Das hebt mein Frustlevel gleich noch ein wenig an, denn ich werde wohl auch in diesem Jahr keinen Valentinstagsschatz haben. Nicht, dass ich
darauf abfahren würde. Letztendlich ist es tatsächlich nur ein künstlich aufgebauschter Feiertag, der bei den meisten Menschen mehr Frust als Lust erzeugt.
Leander geht bestimmt mit seiner Frau irgendwo romantisch essen. Vermutlich schlafen sie danach auch miteinander. Irritiert halte ich inne. Der Gedanke tut gar nicht weh. Es ist eher die Lüge,
die dahinter steht. Ich bin ein Teil davon und das gefällt mir inzwischen gar nicht mehr. Na ja, vielleicht bin ich auch ein bisschen eifersüchtig auf die Tatsache, dass ich wohl niemanden haben
werde, mit dem ich so ein kitschiges Ritual zelebrieren kann. Ich wäre bereit dafür.
Die meiste Zeit verbringe ich mit dem Einräumen von Regalen. Neue Waren und Proben sind angekommen, von denen ich gleich einige zur Seite lege, um sie später zu testen. Die relativ stupide Arbeit
sorgt dafür, dass ich mich in Gedanken immer weiter von Leander verabschiede. Ich weiß irgendwie, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, um die Notbremse zu ziehen. Auch andere Männer haben
schöne Schwänze.
Am liebsten würde ich ihm meine Entscheidung sofort mitteilen, aber ich verschiebe es auf den Feierabend.
Kurz vor Geschäftsschluss ist nur noch eine Kasse geöffnet. Ich bemerke, während ich einer älteren Frau die Auswahl an veganen Brotaufstrichen zeige, wie immer mehr Kunden sich in Richtung
Ausgang begeben. Freundlich verabschiede ich mich von der Dame, die immer noch unschlüssig ist, ob sie den herzhaften Pistazienaufstrich oder die feurigen roten Linsen mit Paprika nehmen
soll.
Jana, meine Kollegin, lächelt mich dankbar an, als ich eilig die zweite Kasse öffne, denn die Warteschlange ist inzwischen verdammt lang. Mir war gar nicht bewusst, dass sich noch so viele
Menschen im Geschäft aufgehalten haben.
»Kommen Sie zu mir rüber«, sage ich unbestimmt in Richtung der Wartenden und entsperre die Kasse. Ein umwerfender Duft steigt mir plötzlich in die Nase. Unaufdringlich blumig, zugleich jedoch
herb und männlich. Ich bin mir sicher, dass es mein Lieblingsparfüm ist, aber da ist auch noch so eine besondere Note, die für ein heißes Kribbeln in meinem Bauch sorgt. Möglichst unauffällig
atme ich tief ein und muss mich zusammenreißen, um nicht genüsslich zu seufzen. Ich mag Menschen, die gut duften, ganz besonders Männer natürlich.
»Guten Abend.« Mit einem Lächeln begrüße ich den Kunden, der als erster an meiner Kasse steht und so umwerfend gut riecht. Unsere Blicke treffen sich. Es ist, als würde sich für einen Moment
alles um mich herum in Luft auflösen. Als gäbe es nur den attraktiven Fremden und mich. Seine Augen funkeln mich dunkel und verheißungsvoll aus einem markanten Gesicht an. Lippen, die zum Küssen
einladen. Instinktiv lecke ich über meine eigenen und schlucke schwer.
Er ist groß, dunkelhaarig, sexy. Ein paar Jahre jünger als ich ... Verdammt, checke ich ihn tatsächlich gerade ab? Und er ... lächelt er mich dabei etwa wissend an?
Verwirrt räuspere ich mich und ziehe eilig die Artikel über den Scanner: Kondome, Gleitgel und Kaugummis ... Einige Sekunden halte ich inne, aber ich kann nicht verhindern, dass meine Mundwinkel
zu zucken beginnen. Die Intention hinter dem Einkauf ist ziemlich deutlich. Leider lässt sie nicht auf die Art seines Spielpartners schließen. Irgendwie stimmt mich seine Anwesenheit erstaunlich
fröhlich.
Als ich ihm den Preis nenne, schaue ich abermals auf und entdecke deutlich gerötete Wangen. Offenbar verlegen hält er mir zwanzig Euro entgegen. Dabei rutscht der Ärmel seiner Jacke ein wenig
nach oben und gibt den Blick auf ein Regenbogenarmband frei. Das kann eigentlich nur eins bedeuten ... verdammt, weshalb schlägt mein Herz denn plötzlich so rasend schnell?
Ich suche erneut Augenkontakt und wünschte, wir würden uns nicht an einer Kasse treffen, denn hier ist keine Zeit zum Flirten.
Schmunzelnd, aber auch irgendwie enttäuscht, gebe ich ihm das Wechselgeld heraus und wünsche ihm besonders viel Spaß. Er reißt die Augen entsetzt auf, starrt mich einen Moment lang an und
verschwindet dann eilig. Ich kann ein leises Lachen nicht unterdrücken und würde ihm gern dafür danken, dass er meine Laune so schlagartig verbessert hat. Vielleicht kommt er bald noch mal hier
einkaufen.
Vermutlich gibt es keinen vernünftigen Grund, weshalb mich diese kurze Begegnung bis zum Feierabend trägt. Selbst als ich das Geschäft verlasse, bekomme ich das Lächeln nicht aus meinem Gesicht.
Schade, dass der Zeitpunkt so schlecht war.
Auf dem Weg nach Hause meldet sich mein Handy. Ich hole es aus der Hosentasche. Es ist eine Nachricht von Leander. Aufgewühlt öffne ich sie.
Lust, morgen eine weitere Mittagspause mit mir zu verbringen?
Zögernd starre ich auf das Display. Ein flaues Gefühl breitet sich in meinem Bauch aus. Ich hatte nicht damit gerechnet, so schnell von ihm zu hören. Zwei Tage hintereinander, das kommt verdammt
selten vor.
Ich bin auch vorsichtig mit deinem Arsch. Eine Reihe eindeutiger Emoijs folgt. Ich kann ein Auflachen nicht verhindern, schüttle dann aber verzweifelt den Kopf. Jetzt oder nie.
»Du hattest Recht. Es ist Zeit für dich, weiterzuziehen.« Meine Finger zittern beim Tippen. Instinktiv halte ich die Luft an, als sich die beiden Häkchen blau färben.
Lass uns morgen reden.
»Das ändert doch nichts«, schreibe ich zurück. »Ich will das nicht mehr.«
Wenn du das wirklich so siehst, dann machs gut, Ben. War echt heiß mit dir.
Ich starre die Worte an und brauche einen Augenblick, bis ich die Bedeutung begreife. Ist es einfach so vorbei?
Verwirrt schiebe ich das Handy zurück in die Jeans. Mein Herz hämmert wie verrückt in meiner Brust. Mir ist schwindlig. Fassungslos lehne ich mich an einen Baum und versuche mich wieder unter
Kontrolle zu bringen.
»Hey, alles in Ordnung?« Jemand berührt meinen Arm. Erschrocken weiche ich zurück.
»Alles bestens«, knurre ich, hebe den Kopf und starre in das Gesicht eines Mannes, das mir verflucht bekannt vorkommt.
»Wirklich?«, fragt er und geht einen Schritt auf mich zu. Der wunderbare Duft lässt keinen Zweifel daran, wen ich vor mir habe.
»Wir kennen uns.« Ich kann kaum glauben, dass wir uns tatsächlich zweimal so kurz hintereinander begegnen. »Kondome, Gleitgel und Kaugummi«, zähle ich triumphierend auf und bemerke, obwohl es
dunkel ist, wie seine Wangen sich erneut verfärben.
»Oh Mann.« Er lacht leise und schüttelt den Kopf. »Das war irgendwie peinlich.«
»Nur ein bisschen«, erwidere ich schmunzelnd und richte mich auf.
»Also, was ist mit dir? Ich dachte, du brichst gleich zusammen.«
»Das war nur ein schwacher Moment. Keine Sorge. Es ist alles in Ordnung.«
»Hm, okay, wenn du das sagst ... Willst du vielleicht ein Glas Wasser oder so? Da drüben ist eine Bar.«
Ich starre ihn verständnislos an und brauche einen Moment, um die Bedeutung seiner Worte zu begreifen. Verlegen fährt er sich mit einer Hand durch die Haare und grinst mich schief an. Das wirkt
so sexy.
»Lädst du mich gerade auf einen Drink ein?«, frage ich und hoffe, er bemerkt meine hochgezogenen Augenbrauen. Ein angenehmes Prickeln erfüllt meinen Bauch.
»Wasser ist jetzt nicht unbedingt ein Drink und überhaupt ... also na ja, ich ... weiß auch nicht. Würdest du wollen?«
Ich sollte verneinen und nach Hause gehen. Gleichzeitig möchte ich nicht allein sein. Vorhin fand ich es schließlich noch schade, dass wir uns nicht unter anderen Umständen begegnet sind. Das
wäre jetzt so etwas wie eine Chance. Außerdem würde es mich davon ablenken, über Leander nachzudenken. Ist es für ihn tatsächlich so leicht?
»Sorry, das war wirklich blöd von mir. Wenn es dir gutgeht, dann ...«
»Nein«, rufe ich eilig und halte ihm am Arm fest. »Also ja, ich bin okay, aber gegen einen Drink hätte ich nichts einzuwenden.«
Er schenkt mir ein bezauberndes Lächeln, das ein kribbliges Gefühl in meinem Bauch verursacht. Ich bin mir nicht sicher, was hier gerade passiert, aber vielleicht sollte ich einfach nicht darüber
nachdenken und es geschehen lassen.
»Ich heiße übrigens Matti«, sagt er und streckt mir seine Hand entgegen.
»Ben«, erwidere ich und verspüre ein sanftes Prickeln, als ich meine Hand in seine lege. Mit einem angenehm festen Druck umschließt er meine Finger.
»Dafür steht das B also auf dem Namensschild. Ich hatte eine ganze Weile darüber gegrübelt.«
»Genau genommen steht es für Benjamin«, erkläre ich grinsend. »Aber Ben ist mir lieber.«
»Kann ich verstehen. Vermutlich kennst du jeden Vergleich mit Benjamin Blümchen auswendig.«
»Jemand hat mal behauptet, dass unsere Rüssel eine gewisse Ähnlichkeit haben«, behaupte ich und schiebe mein Becken provokant nach vorn.
»Oh mein Gott«, ruft Matti und stöhnt theatralisch. »Dieses Bild bekomme ich ja nie wieder aus meinem Kopf.«
»Dabei hast du doch noch gar kein entsprechendes Bild gesehen«, raune ich ihm zu und versuche, meiner Stimme einen sexy dunklen Tonfall zu geben. Ich flirte und es macht tatsächlich Spaß. Matti
keucht und reißt die Augen auf. Sein Kehlkopf hüpft nervös, während er sich über die Lippen leckt.
»Der Abend ist ja noch jung«, raunt er und klingt dabei so erotisch, dass mir plötzlich verdammt heiß wird. Offensichtlich spielt er mit. Mein Körper beginnt vor Glück zu vibrieren.
»Solche unüberlegten Äußerungen können gefährlich werden.« Herausfordernd schaue ich ihn an. Er hält meinem Blick stand. Obwohl die Straßenlaternen nur wenig Licht spenden, bin ich ganz
fasziniert von seinen Augen. Er hat den Wimpernkranz offensichtlich mit Eyeliner betont, was sie dunkler und geheimnisvoll erscheinen lässt.
»Ich kann mit der Gefahr umgehen«, flüstert er und kommt einen weiteren Schritt auf mich zu. »Was ist mit dir?«
Wir stehen so nah, dass ich seinen warmen Atem auf meinen Wangen spüre. Außerdem umschwirrt mich sein Duft. Am liebsten möchte ich meine Nase gegen seinen Hals drücken, der aber leider von einem
dicken Schal verdeckt ist. Ein angenehmer Schauer läuft mir über den Rücken und mein Schwanz beginnt sich zu regen. Verwirrt halte ich die Luft an. Wieso spielt mein Körper dermaßen
verrückt?
»Du duftest unglaublich gut.« Ich kann die Worte nicht aufhalten. Sie schlüpfen einfach zwischen meinen Lippen hindurch. Es ist ein bisschen peinlich, aber ich atme geräuschvoll ein.
»Mir gefällt dein Duft auch. Er macht mich ganz nervös.«
»Verrückt, was unsere Nase für einen Einfluss hat, oder?« Ich lächle ihn verlegen an. Matti legt den Kopf schief zur Seite und mustert mich eindringlich.
»War das ein kleines Ablenkungsmanöver?«, fragt er. Seine Mundwinkel zucken amüsiert. »Ist der Rüsselvergleich etwa übertrieben?«
»Kann sein«, antworte ich lachend und verkneife mir jeden weiteren Kommentar, der in irgendeiner Weise dazu beitragen könnte, dass Mattis meinen Schwanz zu Gesicht bekommt.
»Was ist mit dem versprochenen Wasser?«, erkundige ich mich schließlich und hoffe, dass er keinen Rückzieher macht. Ich habe wirklich Lust, Zeit mit Matti zu verbringen.
»Das bekommst du auf jeden Fall.«
Schon seltsam, welche Wege das Leben manchmal geht. Dabei habe ich den Schock über Leanders Reaktion noch keinesfalls verdaut. Auch wenn ich mir sicher bin, dass wir uns nicht mehr treffen
sollten, hätte ich nicht gedacht, dass er ... Verdammt, er hat doch niemals einen Hehl daraus gemacht, dass es genau so ablaufen würde. Ich habe es nur nicht begriffen, weil da immer dieser Hauch
von Hoffnung war. Offenbar vollkommen unbegründet.
Ich will wirklich keine Sekunde länger über Leander nachdenken, sondern lieber den Augenblick genießen und mich daran erfreuen, dass mir einfach so ein Mann über den Weg gelaufen ist, der etwas
in mir zum Summen bringt.
»Komm mit.« Matti ergreift meine Hand und zieht mich zum Straßenrand. Eine wunderbare Wärme geht von seinen Fingern aus. Zögernd erwidere ich den Griff. Mit einem Mann auf offener Straße Händchen
zu halten, ist nicht unbedingt mein Ding, aber irgendwie fühlt es sich gerade erstaunlich richtig und gut an. Wir gehen gemeinsam auf die andere Seite.
Matti hält anschließend die Tür für mich auf. Ich schlüpfe in die angenehme Wärme einer kleinen Bar, die auf den ersten Blick gemütlich aussieht. Leise Jazzmusik, dunkles Holz, gedämpftes Licht.
Ich war bisher noch nie hier, obwohl ich jeden Tag daran vorbeigehe. Das Leben ist echt voller merkwürdiger Zufälle.
Wir entdecken einen Tisch am Fenster und setzen uns gegenüber. Eine Kellnerin kommt recht zügig zu uns. Grinsend bestellen wir zwei Wasser. Sie scheint einen Moment verwirrt zu sein, nickt dann
jedoch und geht wieder.
»Ich hoffe, ich halte dich nicht von einer wichtigen Verabredung ab.« Neugierig schaue ich ihn an, denn mir fällt sein Einkauf wieder ein.
»Nein, ich habe heute nichts vor«, meint er und lächelt mich an. Ich sollte mich damit zufriedengeben, aber irgendwie bin ich jetzt wohl so etwas wie ein gebranntes Kind.
»Also wartet dein Freund nicht darauf, dass du mit den Kondomen nach Hause kommst?«
»Mein Freund? Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich Single bin. Was ist mit dir?«
»Ich auch«, nuschle ich und fühle mich seltsam unwohl. Matti zieht die Augenbrauen zusammen und sieht mich forschend an.
»Noch nicht sehr lange, oder?«
»Doch, eigentlich schon. Es ist ... ähm ... kompliziert.«
»Das ist es wohl meistens«, erwidert er und klingt nicht besonders überzeugt. Die wunderbar leichte Stimmung ist auf einmal seltsam schwermütig. Ich spiele nervös mit einem dieser
Pappuntersetzer. Die Kellnerin bringt die Getränke. Hastig trinke ich einen Schluck, aber der Kloß in meinem Hals will nicht verschwinden.
»Ich hatte eine Affäre«, platzt es regelrecht aus mir heraus. »Nein, eigentlich war es mehr ein Fickdate mit einem verheirateten Mann. Zuerst hatte ich die irrwitzige Hoffnung, dass er mehr von
mir will, aber er war immer recht deutlich und jetzt ... offenbar ist es nun vorbei.«
»Das tut mir leid.«
»Nein«, rufe ich eilig und lache bitter auf. »Das muss es gar nicht. Es ist eine Erleichterung, weil ich mich schon eine Weile damit herumquäle. Nur so plötzlich, damit hatte ich nicht
gerechnet.«
»Hat er es beendet?«, erkundigt sich Matti. Ich hebe den Kopf und sehe ihn an. Sein Blick wirkt beruhigend und verständnisvoll, da ist jedoch auch noch etwas anderes. Ich weiß nicht genau, aber
jedes Mal verspüre ich dieses angenehme Kribbeln und ein unbegreifliches Vertrauen. Ich gehe eigentlich bei fremden Menschen nicht dermaßen offen mit meinen Gefühlen hausieren.
»Nein, ich habe Schluss gemacht. Gerade eben ... irgendwie ...« Die Worte auszusprechen machen die Sache so real.
»Tut es sehr weh?«, fragt er leise.
Ich horche in mich hinein und schüttle den Kopf.
»Eigentlich nicht. Er konnte gut mit seinem Schwanz umgehen, mehr habe ich nicht von ihm bekommen.«
»Ich bin darin auch nicht schlecht.« Kaum hat er den Satz ausgesprochen, verbirgt er sein Gesicht mit den Händen. Lachend werfe ich den Kopf in den Nacken und fühle mich so erleichtert, dass ich
Bäume ausreißen könnte. Dieses Gefühl hatte ich schon eine Ewigkeit nicht mehr.
»Ist das ein Angebot?«, frage ich herausfordernd, während Matti leise stöhnt.
»Kann ich mich bitte in Luft auflösen?«
»Wechsel nicht das Thema«, fordere ich prustend. »Lass uns lieber noch ein bisschen über deinen Schwanz reden.«
»Oh Gott, du machst mich echt fertig. Zuerst beachtest du mich nicht und jetzt ...«
»Ähm, was?« Verwundert starre ich ihn an und bin mir nicht sicher, ob ich ihn richtig verstanden habe. Matti atmet tief ein und reckt das Kinn energisch vor.
»Es ist so, dass ich schon eine Weile versuche, deine Aufmerksamkeit zu erregen. Bis heute ist mir das jedoch nicht gelungen.«
»Wo und wann denn? Ich ... also ich hätte mich doch an dich erinnert, wenn du ... also schon allein dein Duft. Das war das erste, was ich vorhin an der Kasse wahrgenommen habe.«
»Tja, das Parfum benutze ich auch schon lange. Eine Freundin hat es mir vor drei Monaten zum Geburtstag geschenkt.« Er seufzt leise und trinkt einen Schluck von seinem Wasser. Instinktiv greife
ich ebenfalls nach meinem Glas.
»Spann mich nicht auf die Folter. Wann habe ich dich übersehen?«
Matti lächelt schwach und reibt die Handflächen aneinander.
»Es ist mein sechster Einkauf in den letzten drei Wochen. Beim ersten Mal war es ein Zufall. Eigentlich liegt der Drogeriemarkt nicht auf meinem Weg. Ich war unterwegs zu meiner Mutter, als sie
mich anrief, damit ich ihr eine Packung Klopapier mitbringe. Ehrlich gesagt, hasse ich diese Art von Einkauf. Es ist mir peinlich, es war jedoch noch schlimmer, als ich dich an der Kasse gesehen
habe. Keine Ahnung ... aber du hast mich echt umgehauen und ich ... kam mir wie ein verdammter Trottel vor. Da begegnet man jemanden, der wie ein Traumprinz aussieht und kauft Klopapier. Leider
hast du überhaupt nicht auf mich reagiert. Im ersten Moment war ich froh und dachte, dass ich dann mit einem weniger peinlichen Einkauf vielleicht eine Chance hätte. Leider hat das auch nicht
funktioniert.«
Ich ziehe die Augenbrauen zusammen, weil seine Ausführungen überhaupt keinen Sinn ergeben. Jeden Tag gehen etliche Pakete Toilettenpapier über den Scanner. Das ist doch total verrückt.
»Traumprinz?«, frage ich schmunzelnd, während mein Herz heftig zu poltern beginnt.
»Jedenfalls habe ich es mit verschiedenen Sachen probiert«, setzt er seine Erzählung fort, ohne auf meine Frage einzugehen. »Duschgel und Shampoo, Taschentücher, alles, was nicht so peinlich ist.
Einmal habe ich dich sogar im Gang angesprochen, aber auch das hat nichts gebracht.«
»Wir haben miteinander geredet? Bist du dir sicher, dass du mich nicht verwechselst?«
»Du hast immer ein bisschen abwesend gewirkt.«
»Leander«, flüstere ich voller Bestürzung. »Er schwirrte ständig in meinen Gedanken herum. Zuerst dachte ich, ich hätte mich in ihn verliebt, dann habe ich drüber nachgedacht, wie lange ich
diesen ... diesen Kontakt mit ihm noch durchhalte und was das mit mir macht. Ich habe mich mehr und mehr von ihm gelöst und heute ... na ja, als er heute Mittag gegangen ist, hatte ich das
Gefühl, dass es kein weiteres Treffen geben wird.«
»Du warst wieder frei, um endlich jemand anderen zu treffen.«
»Du meinst den wohlduftenden Kerl, der Kondome, Gleitgel und Kaugummis gekauft hat?«
Diesmal ist es Matti, der herzhaft zu lachen beginnt.
»Diese Idee stammt auch von meiner Freundin. Ich war so verzweifelt, dass sie meinte, ich soll mal weniger subtil sein. Außerdem hat sie mir das Versprechen abgenommen, dass das heute der letzte
Versuch ist und ich mit ihr, wenn es nicht funktioniert, am Wochenende in irgendeinen Club fahre und mich aufreißen lasse.«
»Und das hier?«, frage ich und deute zwischen uns hin und her. »Hast du gewartet, bis ich Feierabend habe, oder so?«
»Nein, oh Gott, nein, ich bin doch kein Stalker. Ich war bei meiner Mutter zum Abendbrot. Deine Reaktion beim Einkaufen hat mich ziemlich aus der Fassung gebracht, deshalb brauchte ich ein
bisschen Ablenkung. Meine Mutter kann das gut. Jetzt war ich auf dem Weg nach Hause und hatte mir gedanklich einen Schlachtplan für den morgigen Besuch in der Drogerie gemacht.«
»Was wolltest du kaufen?«, frage ich und kann mir überhaupt nicht erklären, weshalb ich mich so nervös fühle.
»Keine Ahnung. Waschmittel oder so ... aber ich hatte darüber nachgedacht, wie ich dir möglichst unauffällig einen Zettel mit meiner Telefonnummer zuschieben kann.«
»Verdammt«, murre ich. »Echt blöd, dass ich das jetzt verpasse.«
»Immerhin hast du meine Nummer noch nicht«, erwidert Matti mit einem provozierenden Blick.
»Verrückt », murmle ich und schüttle irritiert den Kopf. Ich muss dieses Gespräch erst mal sacken lassen, denn es erscheint mir irgendwie nicht real. Es fühlt sich wie ein merkwürdiger Scherz an.
Beinahe erwarte ich, dass jemand hinter dem Tresen hervorspringt und zu lachen beginnt.
»Habe ich es jetzt versaut?«, erkundigt sich Matti mit hängenden Schultern. Er sieht unglücklich aus. Nervös dreht er das Glas zwischen seinen Händen.
Ich weiß nicht, was ich sagen soll.
»Wieso bist du mir nicht aufgefallen?«, frage ich mich selbst und suche in meiner Erinnerung diesen Mann, der angeblich so oft im Geschäft war.
»Das habe ich mich auch gefragt. Na ja, eigentlich war ich vor allem erstaunt darüber, dass du heute auf mich reagiert hast.«
»Glaubst du an schicksalhafte Fügungen?«, erkundige ich mich schmunzelnd.
»Bisher nicht, aber offenbar hat der Kosmos uns nun doch irgendwie zusammengebracht. Ich würde die Chance gern nutzen, wenn du ... na ja, mitmachen würdest.«
Schweigend sehe ich ihn an. In meinem Kopf geht alles durcheinander. Es ist schwer zu glauben, wie schnell sich die Welt in wenigen Stunden ändern kann. Vor allem weiß ich nicht, ob ich auch
bereit für diese Veränderung bin. Ich mustere Matti verstohlen. Da ist etwas, dass mich zu ihm zieht. Ein Gefühl, dass ich so noch nie erlebt habe. Ich bin mir nur nicht sicher, ob ich mir selbst
vertrauen kann.
»Wie wäre es mit einem weiteren Date. Wir könnten ganz klassisch ins Kino gehen.«
»Das würde mir gefallen«, erwidere ich mit rauer Stimme. Auf einmal fühlt sich mein Hals ganz trocken an. Meine Hände dagegen sind feucht und mein Herz hämmert wild vor Aufregung.
»Ich würde dich wirklich gern kennenlernen, Ben. Keine Bettgeschichte, sondern ...«
»Zweisamkeit und Gefühle?«, vervollständige ich fragend seinen Satz.
»Etwas, das auf eine Beziehung hinauslaufen könnte, wenn wir es beide wollen.«
»Führen wir so ein Gespräch tatsächlich, obwohl wir uns kaum eine Stunde kennen?« Fassungslos sehe ich Matti an, der ebenso verwirrt zu sein scheint.
»Ich glaube schon. Es muss wohl am Universum liegen. Vielleicht eine besondere Mondkonstellation.« Matti legt den Kopf erneut zur Seite und lächelt mich an. Die Geste ist umwerfend sexy.
»Die einzig plausible Erklärung«, stimme ich fröhlich zu.
Die Kellnerin erscheint erneut an unserem Tisch. Wir bestellen beide Gin Tonic, denn diese Fügung muss mit Alkohol begossen werden.
Grinsend prosten wir uns wenige Minuten später zu. Einen Moment sind wir beide irgendwie verlegen und unsicher, aber dann fangen wir an zu reden und es ist, als würden wir uns schon ewig kennen.
Wir lachen, fragen uns über unsere Musikgeschmack aus, reden über Serien und Filme. Matti erzählt noch einmal in allen Einzelheiten, wie ich ihn ignoriert habe. Wir amüsieren uns darüber und ich
verspreche ganz fest, dass mir so etwas mit ihm nie wieder passieren wird. Außerdem verlange ich sofort nach seiner Telefonnummer, damit ich sie abspeichern kann.
Es ist wohl eine Art Reflex, der mich dazu bringt, nachzuschauen, ob ich eine Nachricht von Leander habe. Da ist jedoch nichts ... Entschlossen lösche ich seinen Kontakt aus meinem Telefon und
speichere Matti ein.
Als die Kellnerin uns darauf hinweist, dass die Bar gleich schließt, sehen wir uns erschrocken an. Die Zeit ist offenbar davongeflogen, während wir uns wunderbar unterhalten haben. Ich kann mich
nicht erinnern, wann ich zuletzt so viel Spaß hatte.
Die Nachtluft ist eisig. Trotzdem finden sich unsere Hände erneut. Es fühlt sich so unglaublich gut an, dass ich leise seufze und seine Finger einen Moment fest drücke.
»Danke«, sagt er, als wir an der nächsten Straßenecke stehenbleiben. Wir müssen in entgegengesetzte Richtungen, was wirklich bedauerlich ist. Ich wünschte, der Abend würde noch ewig
andauern.
»Wofür?«, frage ich erstaunt.
»Dafür, dass du ein Einsehen mit mir hattest.«
»Ich sollte dir wohl eher für deine Beharrlichkeit danken«, erwidere ich verschämt. »Es ist unfassbar, dass du mir nicht aufgefallen bist.«
»Das spielt keine Rolle mehr, denn wir haben uns schließlich jetzt gefunden.«
»Ja, das haben wir«, flüstere ich und spüre, wie die Atmosphäre zu knistern beginnt. Matti kommt näher. Er lächelt. Sein Blick ruht auf meinen Lippen, die zu kribbeln beginnen. Mein Atem gerät
ins Stocken, als wir beide gleichzeitig die letzte Distanz überwinden und uns küssen. Neugierig forschend und unglaublich zärtlich berühren sich unsere Lippen. So süß und verheißungsvoll, dass
ich eine Gänsehaut bekomme und sich ein flattriges Gefühl in meinem Bauch ausbreitet. Er knabbert an meiner Unterlippe und schickt damit erregende Schauer über meinen Rücken.
Atemlos lösen wir uns voneinander und lehnen unsere Stirn aneinander.
»Ich will jetzt nicht gehen«, flüstert Matti. »Ich habe Angst, dass es nur ein Traum ist, der verlischt, wenn wir uns jetzt trennen.«
»Wir sehen uns bald wieder.« Ich versuche, vernünftig zu sein, obwohl es mir ganz ähnlich wie Matti geht.
»Versprich es«, bittet er und klingt dabei so unsicher, dass ich einen Schritt zurücktrete und sein Gesicht mit meinen Händen umschließe.
»Fest versprochen. Außerdem können wir miteinander chatten.«
Matti grinst, dann beugt er sich vor, um mich erneut zu küssen. Diesmal sind wir weniger zögerlich, aber immer noch weit entfernt von einem gierigen Kuss. Mir wird erneut bewusst, dass wir uns
mitten auf dem Bürgersteig befinden. So viel schwule Zuneigung habe ich noch nie öffentlich bekundet, aber es gefällt mir.
»Bis bald«, flüstere ich und bringe erneut Abstand zwischen uns. »Es war ein überaus erfreuliches Vergnügen, dich kennenzulernen. Du hast gerade meine Welt auf den Kopf gestellt.« Lachend
schüttle ich den Kopf, weil das, was in den letzten Stunden passiert ist, mir so unglaublich erscheint.
»Meine Freundin wird mich vermutlich für den Rest meines Lebens damit aufziehen, dass Kondome, Gleitgel und Kaugummi tatsächlich der richtige Einkauf waren, um deine Aufmerksamkeit zu
erregen.«
»Ich bin in jedem Fall erregt«, antworte ich und zwinkere ihm belustigt zu. »Und ich hoffe, wir können deine Ausbeute bald gemeinsam benutzen.«
»Es gibt da ja noch einige Bilder, die mit der Realität verglichen werden müssen«, behauptet Matti und macht ein trötendes Geräusch.
»Guten Nacht«, rufe ich gespielt entsetzt und gehe eilig davon. Trotz der Kälte ist mir heiß unter der Jacke. Mein Herz schlägt wie verrückt. Ich werfe einen Blick genau in dem Moment über die
Schulter, als Matti sich auch umdreht. Wir winken uns zu. Beschwingt gehe ich nach Hause und fiebere schon jetzt unserem Wiedersehen entgegen.
***
»Verdammt, wir kommen zu spät.« Grummelnd stemme ich mich von der Matratze hoch und versuche mich über Matti zu schieben, um aus dem Bett zu steigen. Meine Knochen fühlen sich wie Gummi an. Mein
Hintern brennt auf die allerbeste Art und Weise. Ich bin verschwitzt, ausgelaugt und so verdammt glücklich, dass ich es kaum begreifen kann.
Für einen Moment erscheinen Bilder von Leander in meinem Kopf, der mit ganz ähnlichen Worten aus meinem Leben verschwunden ist.
Obwohl es kaum zwei Wochen zurückliegt, habe ich den Eindruck, dass bereits eine Ewigkeit vergangen ist. Leander hat tatsächlich nie wieder versucht, Kontakt mit mir aufzunehmen. Es ist okay, nur
noch eine blasse Erinnerung.
»Noch nicht«, nuschelt Matti und packt mich, ehe ich es über ihn hinweggeschafft habe. Er schlingt Arme und Beine um meinen Körper und drückt mich zu sich nach unten. Haut auf Haut. So erregend,
obwohl der fantastische Orgasmus erst wenige Minuten zurückliegt und wir ziemlich verschwitzt sind.
»Wir haben extra einen Tisch bestellt, um den Tag zu feiern.« Der Versuch vernünftig zu sein, scheitert kläglich, denn am liebsten würde ich auch im Bett bleiben. Es war so eine dumme Idee, essen
gehen zu wollen.
»Vergiss die Reservierung. Das ist doch die beste Art, den Valentinstag zu feiern. Außerdem habe ich deinen Körper längst noch nicht ausgiebig genug betrachtet, gestreichelt und verwöhnt.«
»Vermutlich hätten wir zuerst essen gehen und dann hierher kommen sollen.« Mein Widerstand schmilzt wie ein Eiswürfel unter der Höhensonne. Außerdem macht mich sein Duft total verrückt. Selbst
jetzt, wo wir beide eher brunftig nach Schweiß und Sperma stinken, ist da immer noch diese besondere Note auf seiner Haut. Ein Lockstoff nur für mich, der mir zeigt, dass ich zu Matti gehöre. Ich
reibe mit der Nase über die sensible Haut am Hals. Matti macht nicht nur süchtig, er fühlt sich nach einem echten Zuhause an.
»Das wäre auf jeden Fall der bessere Plan gewesen. Vielleicht machen wir es im nächsten Jahr zum Valentinstag so.«
»Wirklich?«, frage ich und hebe den Kopf, um Matti besser ansehen zu können. »Glaubst du, dass wir im nächsten Jahr ...« Ich schlucke schwer und kann nichts gegen die Zweifel tun. Es ging alles
so unglaublich schnell und fühlt sich so intensiv an, dass ich es immer noch nicht richtig begreife.
Matti ist wie eine Naturgewalt. Jeder Versuch, meine Gefühle zu unterdrücken oder zurückzuhalten, waren absolut erfolglos. Ich bin ihm verfallen und genieße es, wie er sich um mich kümmert. Zum
ersten Mal kann ich so sein, wie ich bin und muss keine Seite von mir verstecken.
Ich stehe immer noch auf härteren Sex und genieße es, wenn Matti mich hemmungslos in die Matratze fickt. Mit ihm zu kuscheln, stundenlang zu knutschen oder gestreichelt zu werden, ist jedoch wie
eine wundersame Droge, die mich zum schmelzen bringt.
»Ich bin mir ganz sicher, dass wir noch viele Valentinstage, Weihnachtsfeiern, Geburtstage und sonstige Feste miteinander verbringen werden. Was das Universum einmal abgesegnet hat ...«
»Ich liebe deinen Optimismus.« Ehrfürchtig und voller Vertrauen schaue ich ihn.
»Ich liebe dich, Benjamin.«
»Vielleicht ist es zu früh, aber ich liebe dich auch.«
Lächelnd fängt er meine Lippen ein. Ich genieße seine Zunge, die sich augenblicklich in meinen Mund schiebt und mich um den Verstand bringt.
Was auch immer sich das Universum dabei gedacht hat, ich bin unendlich dankbar für einen Mann wie Matti.
Ende
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Susan (Freitag, 14 Februar 2020 16:04)
Vielen lieben Dank für diese tolle Geschichte
♡♡♡♡♡♡♡♡♡♡♡♡
Selma (Freitag, 14 Februar 2020 17:07)
Eine tolle Geschichte, vielen Dank dafür��
Piccolo (Freitag, 14 Februar 2020 18:16)
Hallo Karo,
das ist eine schöne Valentinstagsgeschichte. Mir hat sie gefallen.
Dankeschön, dass du dir die Mühe gemacht hast die zu schreiben.
LG Piccolo
Chelisa (Freitag, 14 Februar 2020 18:39)
Danke für die klasse Geschichte
LG ❤ ❤ ❤ ❤
Anna (Freitag, 14 Februar 2020 19:49)
Liebe Karo,
vielen Dank für dieses wunderbare Valentinstagsgeschenk.�
LG
Plato (Freitag, 14 Februar 2020 20:34)
Vielen Dank für die tolle Geschichte.
LG Plato
Brigitte Böhm (Freitag, 14 Februar 2020 20:41)
Liebe Karo! Vielen Dank für die süße Valentinsgeschichte :-)
Jana P. (Freitag, 14 Februar 2020 21:41)
Dankeschön für diese wunderschöne Valentinesgeschichte�
Benjamin � (Samstag, 15 Februar 2020 12:25)
Ich wünschte, ich wäre anstelle meines Namensvetters. �
Eine wunderschöne Geschichte, danke. �
Sabrina P: (Samstag, 15 Februar 2020 13:29)
Hallo Karo!
Ganz wundervoll umgesetzt!! :))
Wunderschöne Geschichte!!
Ich bin begeistert!!! ❤ ❤
Vielen Dank dafür und für die ganze Arbeit!!
Liebe Grüße,
Sabrina
Mana (Samstag, 15 Februar 2020 20:12)
Liebe Karo
das Universum hat sich definitiv den richtigen Satz rausgepickt um ihn in dieser Geschichte zu verwenden :).
So herrlich aus dem Leben gegriffen und doch alles andre als alltäglich. Ich mag die beiden, sehe sie so lebhaft vor mir, dass ich vermutlich ab jetzt immer wenn ich beim Dm einkaufe, gucken werde, wer von den Jungs, die da rumlaufen oder -sitzen, vielleicht zur Regenbogentruppe gehört :).
Vielen lieben Dank für dein Valentinstaggeschenk an uns
Mana
Bia (Sonntag, 16 Februar 2020 05:00)
Danke für die schöne Geschichte ����
Wernerb (Sonntag, 16 Februar 2020 18:27)
Eine wunderschöne Geschichte zum Tag der Liebe und des Respekt´s Und manchmal braucht es einen kleinen Stupser von Amor um seinen Liebsten zu finden. Danke für deine Mühe, uns diesen Tag zu versüßen. Liebe Grüße Wörni