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Zweiter Advent - Samstag

Und schon haben wir den zweiten Advent!

Vielen Dank für die lieben Kommentare zum ersten Advent. Ich freue mich, dass ihr wieder hier auf meinem Blog dabei seid und hoffe, ich kann euch ein klein wenig vom Alltag ablenken und euch mit ein bisschen Lesestoff und Geschenken erfreuen. 

Deshalb beginne ich auch gleich mit der Auslosung des Goodiepakets. 

Gewonnen hat: 

Kathrin Heinzmann

Herzlichen Glückwunsch! 

Bitte sende deine Adresse an: nachricht[at]karostein.de


Hier kommt der erste Teil meiner kleinen Geschichte. Beim Schreiben war es, als würde ich nach Hause kommen. Dabei ist es schon wirklich lange her, seit ich den "MargeritenEngel" geschrieben habe. Trotzdem habe ich mich ihm ganz nah gefühlt und mich sogar ein bisschen dafür verflucht, dass ich nur so eine begrenzte Wortzahl  zu Verfügung habe. Es hat auf jeden Fall Spaß gemacht, bei Rik und Bengt kurz vorbeizuschauen. 

 

Ich hoffe, ihr mögt die kleine Idee auch. 

Ein besonderer Weihnachtsbrief - Bengt und Rik

Das Nachtlicht flackert und wirft seltsame Schatten an die Wände. Der Haustechniker weiß Bescheid und wird sich morgen darum kümmern.

Noch zehn Minuten, dann habe ich Feierabend und zwei Tage frei. Leider kein Wochenende, sodass Rik und ich tagsüber trotzdem keine Zeit füreinander haben werden, denn er muss arbeiten. Dafür gehört uns in diesem Jahr das vierte Adventswochenende. Ich kann es gar nicht erwarten. 

Zögernd gehe ich den Flur entlang. Mein Blick wandert zu der Tür, hinter der seit zwei Jahren Herr Beyer wohnt. Er ist ein ruhiger Bewohner und trotz seiner vorgeschrittenen Demenz recht pflegeleicht. Nach all der Zeit blutet mein Herz immer noch. Ich vermisse meine liebste Freundin Frau Schumann, die mich durch meine schwersten und glücklichsten Zeiten wie eine fürsorgliche Oma getragen hat. Ich weiß, dass der Tod eine Erlösung für sie war, aber für mich war er es nicht. Ich war so traurig, dass ich wieder in alte Muster gefallen bin. Zuerst habe ich gar nicht gemerkt, wie sehr ich mich von Rik zurückgezogen habe. Ich konnte nicht mit ihm sprechen, weil sich mein Kopf schrecklich leer angefühlt hat. Dann habe ich aufgehört zu essen. Mein Magen war wie ein fester Knoten, in dessen Zwischenräume lediglich Kaffee gepasst hat. Zum Glück habe ich selbst gemerkt, was mit mir passiert und konnte die Reißleine rechtzeitig ziehen. Für Rik bedeutete es, ein heulendes Häufchen Elend zu trösten und anschließend zu füttern. Noch immer frage ich mich, womit ich ihn verdient habe. Er ist so perfekt und stark und unerschütterlich. 

Ich beschleunige meine Schritte, denn ich kann es gar nicht erwarten, nach Hause zu kommen. Leise verabschiede ich mich im Stationszimmer, schlüpfe in meine dicke Jacke und ziehe die kuschlige Strickmütze auf den Kopf. 

Vor dem Eingang empfängt mich ein eisiger Wind. Ich ziehe die Schultern hoch und laufe zum Parkplatz, wo mein kleines himmelblaues Auto auf mich wartet. Rik hat es mit großen weißen Margeritenblüten verziert. Zuerst war ich mir nicht sicher, ob ich den Mut habe, mit so einem auffälligen Wagen herumzufahren, aber inzwischen liebe ich meinen Miniengel, wie Rik ihn getauft hat. 

Da unser gemeinsames Zuhause einige Kilometer weiter entfernt ist, als meine alte Wohnung, brauchte ich eine Alternative zum Fahrrad. Außerdem ist es natürlich auch bequem und warm. Über mangelnde sportliche Betätigung kann ich mich trotz des Autos nicht beschweren. Rik schleppt mich zum Yoga und Zumba, außerdem nehmen wir seit zwei Monaten an einem Tanzkurs teil.

«Ohne Hintergedanken», hat Rik gesagt und mich dabei auf seine unnachahmliche Weise angelächelt. Trotzdem kamen mir wundersame Gedanken, als wir die Walzerschritte gemeinsam geübt haben. Ich hätte mich stundenlang mit ihm durch den Saal drehen können und habe mir dabei vorgestellt, dass wir beide dunkle Anzüge tragen ...

Zwanzig Minuten später parke ich den Miniengel in der Einfahrt und seufze erleichtert. Noch so ein Wunder, an das ich niemals geglaubt hätte. Ein eigenes kleines Haus. Nur für Rik und mich. Als wir uns entschieden hatten, zusammenzuziehen, wollten wir mit diesem Schritt auch einen Neuanfang. Meine Wohnung war mit zu vielen negativen Erinnerungen belastet und auch bei Rik wollten wir unseren Start in eine gemeinsame Zukunft nicht beginnen. Es war sein Chef, der uns auf das Haus aufmerksam gemacht hat. Ich habe mich auf den ersten Blick verliebt. Obwohl ich immer zurückhaltend bin und es mir schwerfällt, daran zu glauben, dass ich Träume erfüllen können, wollte ich dieses Haus. Rik behauptet immer, er hätte mich noch nie so energisch erlebt. Es wäre unglaublich sexy gewesen, wie ich um unser Zuhause gekämpft habe. Ich denke, er übertreibt. Allerdings kann ich nicht leugnen, dass ich jeden Tag, den ich nach Hause komme, überaus glücklich macht.

Und jetzt erst recht. 

«Mein kleines Weihnachtswunderland», murmle ich und betrachte die vielen Lichter, die unser Haus schmücken. Der niedliche Tannenbaum im Vorgarten strahlt mit den Sternen am Himmel um die Wette. Wir haben leuchtende Rehe und einen Weihnachtszug.

Eilig steige ich aus und laufe den schmalen Weg durch den Vorgarten entlang zur Haustür. Den Kranz aus Fichtenzweigen und roten Bändern haben wir selbst gebunden.

Mit zittrigen Fingern stecke ich den Schlüssel ins Schloss und kann es kaum erwarten, in die wohlige Wärme zu kommen.

Auch der Flur glitzert dank der Lichterketten, die Rik um das Treppengeländer geschlungen hat. 

«Da bist du ja», ruft Rik und kommt aus der Küche. «Ich habe uns Kakao gekocht.» Er überwindet die kleine Distanz und zieht mich in seine Arme. Seufzend schmiege ich mich gegen ihn, aber Rik weicht zurück und schüttelt sich. 

«Du bist eiskalt. Zieh die Klamotten aus, damit ich dich warmkuscheln kann.»

«Wird gemacht», erwidere ich übermütig und ziehe den Reißverschluss schleunigst nach unten. Die Stiefel trete ich mir von den Füßen und verstaue alles ordentlich an der Garderobe. 

«Hast du was von Kakao gesagt?», frage ich neugierig und folge Rik ins Wohnzimmer. 

Der Weihnachtsbaum erhellt den Raum auf magische Weise. Da ich meistens an den Feiertagen arbeite, nutzen wir den ganzen Dezember, um uns an einem bunt geschmückten Baum zu erfreuen.

«Kakao mit Marshmallows und wenn du noch nicht zu müde bist, dann können wir auch noch einen kitschigen Weihnachtsfilm streamen.»

«Wird es nicht für dich zu spät?», erkundige ich mich besorgt, denn Rik fährt meist recht früh ins Büro. 

«Ich habe morgen spontan frei», erwidert er mit einem breiten Grinsen.

Mit einem peinlichen Jubelschrei stürze ich mich auf ihn und hole mir endlich den Kuss, den ich vorhin nicht bekommen habe.

«Das heißt, wir können ausschlafen?», frage ich atemlos.

«Ausschlafen, im Bett frühstücken und ein bisschen rummachen.»

«Das klingt überaus fantastisch», nuschle ich gegen seine Lippen und presse meine fest darauf. Riks Zunge schiebt sich in meinen Mund. Er schmeckt herrlich nach Schokolade und Zimt. Gierig sauge ich an seiner Zunge und spüre, wie Riks Mundwinkel sich amüsiert heben. 

«Dein Getränk steht auf dem Tisch», raunt er, drückt mir einen schmatzenden Kuss auf und deutet dann zum Sofa. 

«Ich sollte vermutlich zuerst duschen, aber ich kann dem Duft nicht widerstehen. Davon abgesehen kann ich mich kaum noch auf den Beinen halten.»

«Harter Abend?», erkundigt er sich und schaut mich mitfühlend an.

«Eigentlich nicht, aber jetzt in der Weihnachtszeit fehlt mir Frau Schumann ganz besonders und ich denke jedes Mal an sie, wenn an der Tür vorbeilaufe.»

«Das ist vollkommen in Ordnung. Es ist gut, wenn man sich an liebe Menschen erinnert. So bleibt ein Teil von ihnen ewig bei uns.»

«Ich wünschte nur, es wäre nicht dermaßen schwer.»

«Setz dich hin, trink einen Schluck Kakao, während ich deine Füße massiere.»

«Sie stinken bestimmt ganz furchtbar», flüstere ich verlegen und schaue nach unten auf die dunkelblauen Socken mit den Zuckerstangen.

«Hinsetzen», fordert Rik und schiebt mich zum Sofa. Ergeben lasse ich mich auf das weiche Polster sinken und stöhne zufrieden, als ich den dampfenden Becher mit beiden Händen umschließe. Mit der Zunge fische einige Minimarshmallows heraus, bevor ich einen Schluck trinke und einen Dank an sämtliche Götter der Welt schicke, die mir so einen Mann beschwert haben. 

«Ich liebe deinen Kakao», schwärme ich und schaue Rik verliebt an.

«Das freut mich», erwidert er glucksend und setzt sich neben mich. Gerade als ich es mir richtig bequem machen will, fällt mein Blick auf einen Briefumschlag, der halb unter dem Adventsgesteck liegt.

«Post?», frage ich neugierig. 

«Vom Weihnachtsmann», behauptet Rik, wirkt jedoch seltsam nervös.

«Schafft er es in diesem Jahr nicht zu uns und entschuldigt sich dafür bereits im Vorfeld?», erkundige ich mich albern. Interessiert strecke ich den Arm aus und nehme den Umschlag in die Hand.

Ich weiß nicht weshalb, aber mein Herz schlägt plötzlich schneller und ein seltsam flaues Gefühl breitet sich in meinem Magen aus.

«Von wem ist der Brief?», frage ich leise und betrachte die Schrift, die mir bekannt vorkommt, ohne mich jedoch zu erinnern, zu wem sie gehört. 

«Mach ihn auf», sagt Rik. 

Etwas in seinem Tonfall irritiert mich. Ich schaue ihn an und runzle verwirrt die Stirn. Er knabbert nervös auf seiner Unterlippe und knubbelt an einer der Kerzen des Adventsgestecks.

«Ich habe irgendwie ein ungutes Gefühl», sage ich und lache unsicher. 

Tief durchatmend drehe ich den Umschlag in meiner Hand, aber es gibt keinen Absender. Das weiße Papier schimmert edel und ist von einer schweren Qualität. Für einen Moment denke ich darüber nach, daran zu schnuppern, aber das erscheint mir wirklich zu albern. 

Entschlossen öffne ich das Kuvert und hole eine Klappkarte heraus. Auf der Vorderseite ist ein niedliches Weihnachtsmotiv mit schneebedeckter Natur, einem Weihnachtsmann mit einem Schlitten und allerlei Geschenken. 

Und ... ich starre das Bild an und schlucke schwer. Im Schnee steht eine Whiskyflasche mit dem Wolfskopf darauf. Das ist doch das Logo von «Glen Faol», der Whiskybrennerei, in der Kevin arbeitet. Außerdem ist er mit dem Besitzer zusammen.

Ich bekomme eine Gänsehaut, als die Bilder von unserem letzten Zusammentreffen meinen Kopf fluten. Damals war es auch kurz vor Weihnachten und ich hatte so viel Stress, war so unsicher in der Beziehung mit Rik, dass ich mitten auf der Straße zusammengebrochen bin. Ausgerechnet Kevin hat mich gerettet. 

Das liegt jedoch schon eine Ewigkeit zurück. Seitdem hatten wir keinen Kontakt und das kann von mir aus auch so bleiben. Vielleicht ist das Motiv auch nur ein merkwürdiger Zufall. 

Meine Hoffnung zerfällt, als ich die Karte öffne. Mein erster Blick fällt auf die Unterschrift und da steht «Liebe Grüße Kevin». 

«Liebe Grüße», wiederhole ich murmelnd und schaue erneut Rik an. «Was hat das zu bedeuten?»

«Lies die Karte», bittet er und fährt sich mit einer Hand durch die Haare.

«Ich weiß nicht, ob ich das will», erwidere ich und würde sie am liebsten zurück in den Umschlag stecken.

«Bitte, Bengt. Lies dir durch, was Kevin geschrieben hat.»

«Es ist eine Einladung», stelle ich fest, als ich die Überschrift lese. Das Blut rauscht unangenehm in meinen Ohren, als mein Blick über den Text fliegt. Es dauert eine Weile, bis ich begreife, was ich gelesen habe. Entsetzt lasse ich mich nach hinten fallen und schließe die Augen. 

«Auf gar keinen Fall», murmle ich und kann nicht glauben, dass das hier gerade wirklich geschieht. «Wir werden auf gar keinen Fall dorthin fahren. Es ist unser einziges Adventswochenende und das verbringen wir gemütlich zu Hause.»

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Kommentare: 3
  • #1

    Piccolo (Samstag, 04 Dezember 2021 16:38)

    Hallo Karo,
    ein schönes erstes Kapitel.
    Ich verstehe was du meinst mit nach Hause kommen.
    Kevin scheint beide zu Weihnachten eingeladen zu haben, was Bengt nicht gerade erfreut.
    Ich bin gespannt wie es weitergeht.
    LG Piccolo

  • #2

    Anja Hoffmann (Sonntag, 05 Dezember 2021 12:40)

    Ich kenne die Kapitel ja schon von facebook, aber es ist so schön.
    Freue mich daher schon auf jeden weiteren Schnippsel und kann dadurch super entspannen.
    LG Anja

  • #3

    Anna (Sonntag, 05 Dezember 2021 20:23)

    Liebe Karo,
    einen schönen 2. Advent. Ich freue mich sehr das du uns mit deinem Adventskalender die Vorweihnachtszeit versüßt.
    Es ist schon eine Weile her das ich die Geschichte der beiden gelesen habe und musste schon etwas in meinen Gehirnwindungen stöbern.
    LG Anna