Und schon zünden wir die zweite Kerze an. Ich will wirklich nicht darüber jammern, wie rasend schnell die Zeit vergeht, aber die letzten Monate vergingen wie im Flug. Seitdem ich mein eigenes kleines Schreibzimmer habe, möchte ich es am liebsten gar nicht mehr verlassen. Ich mag es so sehr, all mein Zeug in einem Raum zu haben, all meine Bücher, meine Lieblinge, meine Regenbögen... und dazu diesen großen Schreibtisch auf dem meine Teetasse genügend Platz hat und die Kekse und Schokolade und ... Äpfel :)))) und direkt daneben habe ich es mir sogar ein bisschen weihnachtlich, gemütlich gemacht.
Wie verbringt ihr diesen zweiten Adventssonntag?
Aber nun geht es mit der Zusammenfassung der restlichen Woche weiter. Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen!
6.
»Eigentlich müsstest du ihn kennen. Er war drei Jahre unter dir. Seinem Vater gehörte bis zum Sommer das Elektrounternehmen, dann Ole es übernommen. So ganz kann der alte Hugo seine Finger noch nicht von der Firma lassen, aber Ole ist taff.«
»Wieso kennst du ihn so gut?«, frage ich verwundert. Ich versuche gar nicht erst, mich an Leute aus jüngeren Jahrgängen zu erinnern. Drei Jahre, das war zu Schulzeiten eine halbe Ewigkeit.
»Er musste in letzter Zeit öfter den Herd in der Kita reparieren. Das alte Ding fällt bald auseinander, aber es ist kein Geld für einen neuen da. Wenn ich plötzlich kein Mittag mehr für die Kleinen kochen kann, ist das Geschrei groß.«
»Und während er den Herd repariert hat, habt ihr euch angefreundet?« Ich weiß nicht, woher dieser eifersüchtige Tonfall kommt. Vermutlich bin ich einfach nur müde. Das ist ja quasi ein Dauerzustand bei mir.
»Wir sind halt ins Gespräch gekommen. Er hat sich auch nach dir erkundigt.« Sie schaut kurz zu mir rüber und zwinkert mir zu.
»Tatsächlich? Was wollte er denn wissen?«
»Wie es dir in Hamburg gefällt und so ... Na ja, und ... also ich glaube, ich war die erste, vor der er sich geoutet hat. Es war nicht leicht für ihn. Hier in der Kleinstadt, wo ihn jeder kennt und mit der Firma im Nacken.«
»Es war nicht leicht für ihn?«, wiederhole ich spöttisch. Weshalb regt mich dieses Gespräch dermaßen auf?
»Na hör mal, du musstest dir doch keine Gedanken machen. Papa und ich haben darauf gewartet, dass du dich outest. Im Grunde wäre es nicht mal nötig gewesen. Oder hattest du einen anderen Eindruck?«
»Nein, ihr ward großartig.« Ich reibe über meine Augen und spüre das leichte Pochen hinter den Schläfen, das Kopfschmerzen ankündigt. »Aber es ist vermutlich für niemanden wirklich leicht und abgesehen von den Eltern gibt es viel mehr Leute, die eine Meinung dazu haben und sie unverhohlen kundtun.«
»Das war sicher auch Oles Sorge. Dass Aufträge aufgrund seiner Sexualität ausbleiben. Und dann kommt auch noch dieser Mist mit dem Video dazu.«
»Hm«, ist alles, was mir dazu einfällt.
7.
Als ich im Flur stehe, empfängt mich das bekannte Gefühl, zu Hause zu sein. Dutzende Erinnerungen durchströmen mich, der weihnachtliche Duft weckt Kindheitserinnerungen. Meine Mutter verteilt in der Adventszeit überall Duftkerzen und abends qualmt das original erzgebirgische Räuchermännchen bis sämtlicher Sauerstoff im Wohnzimmer verbracht ist. Deshalb schwebt immer so ein Räuchergeruch durch das Haus.
»Bring deine Sachen nach oben. Ich koche uns Kaffee.«
Nickend streife ich die Stiefel von den Füßen und steige auf Strümpfen die Stufen in den ersten Stock. In meinem Zimmer stelle ich die schwere Tasche auf den Boden und atme tief durch. Ich setze mich auf den Sessel am Fenster, lehne den Kopf nach hinten und schließe die Augen. Okay, ich bin bei meinen Eltern angekommen und werde in diesem Jahr nicht zurück nach Hamburg fahren. Vielleicht nie wieder, allerdings weiß ich nicht, was ich hier machen soll. Ich habe immer von einer großen Stadt geträumt und jetzt muss ich mich fragen, ob ich mir nur etwas vorgemacht habe.
»Verdammt, Rick. Reiß dich zusammen«, murmle ich und reibe über meine Augen. Ich schaue mich im Zimmer um, das sich seit meinem Auszug kaum verändert hat. Für meine erste eigene Wohnung habe ich mir komplett neue Möbel gekauft, bin über Trödelmärkte geschlendert und habe nach außergewöhnlichen oder verrückten Stücken gesucht. Mein Einrichtungsstil nennt sich Verwirrung, denn mein Geschmack ist sehr vielfältig, aber irgendwie passte es eben doch alles zusammen. Es war gemütlich, bis ich nicht mehr die Kraft zum Aufräumen hatte und meine Träume sich in Luft auflösten.
»Kaffee ist fertig«, ruft meine Mutter.
»Bin gleich da«, antworte ich und erhebe mich. Ich werfe einen Blick aus dem Fenster hinunter in den Garten, wo sich leuchtende Rentiere und allerlei Weihnachtswichtel tummeln. Meine Eltern lassen sich nicht die Freude an der Beleuchtung nehmen. Bei den Nachbarn sieht es zum Glück ähnlich aus.
Weihnachtliche Musik erschallt, als ich mein Zimmer verlasse und schnell ins Badezimmer husche.
Kurz darauf klingelt es an der Haustür. Ich lausche gespannt, welcher Besuch sich da ankündigt.
»Ole, was machst du denn hier?«, ruft meine Mutter und klingt verdammt begeistert.
Grummelnd betätige ich die Klospülung.
8.
Einen Moment denke ich darüber nach, oben zu bleiben, aber ich bin zu neugierig, was dieser Kerl hier will. Und ich muss vor allem erkunden, weshalb ich so grimmig auf ihn reagiere, obwohl ich ihn nur diesen winzigen Augenblick gesehen habe. Vielleicht gibt es doch eine schulische Verbindung, die ich verdrängt habe ...
»Nein.« Ich schüttle energisch den Kopf, straffe die Schultern und gehe die Treppe hinunter.
In der Küche sitzen meine Mutter und dieser Ole, immer noch im Blaumann, allerdings ohne Schuhe.
»Hey«, sagt er und springt von seinem Stuhl auf. »Schön, dass du da bist. Ich weiß nicht, ob du dich an mich erinnerst ...« Er sieht mich abwartend an, aber ich reagiere nicht. »Jedenfalls: Ich bin Ole.«
»Rick.«
»Ja, das weiß ich.«
»Hm, sorry, aber ich kenn dich nicht.«
»Macht nichts«, erwidert er mit einem unverschämt süßen Lächeln und setzt sich wieder zu meiner Mutter an den Tisch.
Ich nehme ebenfalls Platz. Mama schiebt mir meine Lieblingsweihnachtstasse mit dampfendem Kaffee und den Plätzchenteller entgegen.
»Du hast doch schon gebacken«, stelle ich grinsend fest und nehme mir einen Keks in Form eines Tannenbaums.
»Die sind doch nur für uns. Wir müssen morgen aber für den Weihnachtsmarkt loslegen. Der Lebkuchenteig ruht schon im Kühlschrank. Die anderen Teige werden wir morgen zubereiten und dann müssen wir alles backen und dekorieren und ...« Meine Mutter schaut mich verzweifelt an.
»Wir schaffen das schon«, erkläre ich mit so viel Zuversicht, wie möglich.
»Aber du wirkst so müde und erschöpft«, erwidert sie fürsorglich.
»Es geht mir gut. Du musst dir keine Sorgen machen.«
»Ist echt blöd, dass Yvonne dich nicht unterstützt, aber ich kann euch helfen.«
»Wir kriegen das schon hin«, brummle ich und spüre, wie mich zwei Augenpaare verwirrt mustern.
»Also ich bin froh über jede Unterstützung«, behauptet Mama.
»Du wolltest doch, dass ich extra zum Backen herkomme«, sage ich im gereizten Ton und stehe auf. »Offenbar hättest du auch einfach ihn fragen können.«
»Rick, wieso bist du so wütend? Ich dachte, ihr kennt euch nicht.« Meine Mutter ist von meinem Verhalten nicht weniger verwirrt als ich.
Ich starre Ole an. Er erwidert meinen Blick standhaft, bis ich fluchtartig die Küche verlassen. Scheiße!
Natürlich habe ich heute auch wieder einen kleinen Gewinn für euch. Diesmal gibt es, quasi für alle Tassenliebhaber, eine neue Weihnachtstasse von mir (oh, ich finde das Motiv so hübsch *seufz*) und eine Regenbogenglitzerkerze (ohne Duft).
Hinterlasst einen Kommentar und hüpft in den Lostopf. Am nächsten Samstag erfahrt ihr, wer gewonnen hat.
Viel Glück!
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Karin Bill (Sonntag, 08 Dezember 2024 11:22)
So, ich überlege gerade, wer Yvonne ist. Ich muss nochmal von vorne anfangen �
Das kommt, wenn man siebenundtrölfzig Sachen gleichzeitig liest….
Hab alle einen ganz schönen 2. Advent
So: ich liebe Weihnachtstassen und Ostertassen. Aber davon gibt’s viel weniger…
Susan (Sonntag, 08 Dezember 2024 11:49)
Ich wünsche allen einen schönen 2. Advent ���.
Ich bin froh das du auf Facebook und Instagram täglich veröffentlichst da es langsam spannend wird.
Liebe Grüße
Susan
Sabine (Sonntag, 08 Dezember 2024 14:00)
Ich wünsche allen einen schönen 2. Advent. Ich werde ihn hauptsächlich lesend auf dem Sofa verbringen. Ich liebe Weihnachtstassen ��
Manuela F. (Sonntag, 08 Dezember 2024 14:00)
Schönen 2ten Advent für alle.
Tolle Kapitel hast du wieder geschrieben. :)
LG Manu
Sabine (Sonntag, 08 Dezember 2024 17:44)
Ich freu mich die Geschichte im Ganzen zu lesen, aber das Warten bis zum letzten Kapitel ist echt hart
LG Sabine
Piccolo (Sonntag, 08 Dezember 2024 18:12)
Hallo liebe Karo,
ich wünsche dir noch einen schönen 2. Advent und morgen einen guten Start in die neue Woche.
Sieht für mich ganz so aus, als wenn die Mama kuppeln möchte. Rick dagegen reagiert ziemlich ablehnend gegenüber Ole, obwohl da eine Gewisse Anziehung ist. Aber sehr wahrscheinlich genau deswegen.
Viele liebe Grüße
Piccolo
Anja Hoffmann (Montag, 09 Dezember 2024 21:58)
Und schon haben wir den 2. Advent. Auch ich habe das Gefühl, dass die Zeit nur so dahin fliegt.
Ich habe es mir am 2. Advent gut gehen lassen und bin Essen gegangen. Natürlich durfte ein Buch nicht fehlen.
Kam man von Tassen je genug haben? Ich sage Nein. Daher würde ich mich über die Weihnachtstasse freuen.
Von Herzen liebe Grüße
Anja