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Dritter Advent - Sonntag

Heute zünden wir die dritte Kerze auf dem Adventskranz an und erkennen, dass nun wirklich nicht mehr viel Zeit ist.

Es war tatsächlich ein wenig seltsam. Der dritte Advent gehörte schon so viele Jahre zu Schwängelbells, gewissermaßen eine alte Tradition. Witzigerweise wurde mir auch auf Insta so viel Zeug in speziellen Formen angezeigt, dass ich echt in Versuchung gekommen bin. Aber nein, in diesem Jahr bleibt der virtuelle Shop geschlossen. Vielleicht nicht für immer ... Ihr kennt mich ja :)))

Ich wünsche euch einen zauberhaften Sonntag. Ich fahre heute Nachmittag zu einem Burgweihnachtsmarkt und bin schon sehr gespannt. 


12. 

»Wie ist das eigentlich mit der Weihnachtsbeleuchtung passiert?«, frage ich, ohne auf seinen Kommentar zu reagieren. Er will mehr Küsse. Ich auch, aber ich bezweifle, dass es eine gute Idee ist. Ich kann gerade keine vernünftigen Entscheidungen treffen.

»Du meinst den Skandal, den ich angeblich verursacht habe?«, fragt er grimmig. 

»Genau, was hast du angestellt?«

»Es war nicht meine Schuld, okay? Ich habe vom Bürgermeister offiziell einen Auftrag für Installation der Videokamera bekommen und ihn ausgeführt. Wie die Bilder von seiner Frau und dem Sohn von dem Klinger ins Netz gelangt sind, weiß ich nicht. Ich bin auch nicht dafür verantwortlich, dass kurz darauf Bilder von mir und ...« Er verstummt und presst die Lippen zusammen.

»Von dir und? Und wem?«, frage ich neugierig, denn davon hat Mama nichts erzählt.

»Der Sohn des Bürgermeisters«, flüstert Ole.

»Der Sohn? Hat der nicht Frau und Kind?«

»Ja«, murmelt er und rutscht halb unter den Tisch. 

»Und ihr habt ausgerechnet vor einer dieser Kameras herumgemacht?«, frage ich verwundert.

»Er hat ... ich stand auf der Leiter und er hat mir einen geblasen. Ich habe nicht daran gedacht, dass ich die Kamera für einen Probelauf eingeschaltet hatte.«

»Oh Fuck.« Entsetzt schaue ich Ole an. »Das ist echt dumm gelaufen.«

»Das Schlimme ist, dass ich eigentlich ... ich meine, ich bin nicht mal verliebt in ihn. Es war schmeichelhaft, dass er sich für mich interessiert hat und die Auswahl ist hier auch nicht sehr groß. Also ich habe nicht gerade viele Erfahrungen und als er ...« Ole deutet mit einer Hand auf seinen Schritt.

»Da hat sich der Verstand abgeschaltet«, beende ich seinen Satz. Ole nickt und seufzt. 

»Und dann ging alles drunter und drüber. In der Ratsversammlung ist beinahe eine Schlägerei ausgebrochen. Seine Frau ist zudem die Vorsitzende der Kaufmannsgilde für die innerstädtischen Geschäfte und ... und plötzlich war niemand mehr bereit für den weihnachtlichen Lichterglanz und ...«

»Und jetzt denken alle, es ist deine Schuld?«

»Alle, abgesehen von deiner Mutter.«

»Was ist mit deinen Eltern?«

»Für sie war mein Outing schon furchtbar und nun haben sie quasi die Bestätigung dafür, dass sie recht hatten. Ich bin eine Schande für die Familie.«

 

13. 

»Das ist doch Unsinn. Die Sache ist nicht gut für deinen Ruf, weil die Leute die Realität verdrehen. Du bist der böse Schwule, der den verheirateten Mann verführt hat. Ebenso wie die verheiratete Frau sich an den  Jungen herangemacht hat.«

»So sieht es aus«, sagt Ole, seufzt tief und steht auf. Er stellt seinen Becher in die Spülmaschine und schaut aus dem Fenster, wo die Morgendämmerung den Himmel in grelle Orangetöne färbt.

»Es liegt schon zwei Monate zurück, aber der Tratsch vergeht nicht, vor allem mit den Konsequenzen für die Weihnachtszeit. Neulich habe ich gehört, dass es ein Vierer war, ein Porno, der falsch hochgeladen wurde.« Er lacht bitter und vergräbt die Hände in den Hosentaschen. »Das Verrückte ist, dass der Blowjob nicht mal wirklich gut war. Ich weiß nicht, ob ich es wollte oder nur überfordert mit der Situation war.«

»Verdammt, Ole. Tut mir echt leid.« Ich stehe ebenfalls auf und stelle mich neben ihn. 

»Ich bin froh, wenn diese Weihnachtszeit vorbei ist, obwohl die Leute beim Aufbau des Weihnachtsmarktes auf meine Mitarbeit angewiesen sind. Kann sein, dass ich im neuen Jahr ... keine Ahnung, vielleicht nimmt mein Vater mir die Firma weg.«

»Wegen eines dummen Fehlers? Hat es für den Bürgermeistersohn ebenso harte Konsequenzen?«

»Sie lassen sich jedenfalls nicht scheiden oder so. Er macht eine Therapie beim Pfarrer. Gegen seine Gelüste.« Er grinst mich schief an. »Meine Eltern wollten auch, dass ich mich anmelde.«

»Für eine Therapie? Das ist bescheuert. An dir ist nichts falsch«

»Ohne die Unterstützung deiner Eltern hätte ich es nicht geschafft. Ich weiß, dass es dir nicht gefällt, wie freundlich deine Mutter zu mir ist, aber ich brauche sie. Ich fühle mich so verloren.«

»Hey, schon gut. Ich bin wohl eher ein bisschen überfordert von deiner Anwesenheit. Einzelkind und so ... Ich bin froh, dass meine Mama für dich da ist.«

»Aber ich will kein kleiner Bruder sein«, sagt Ole und dreht sich zu mir.

»Nicht?«, frage ich schmunzelnd. Er schüttelt den Kopf und legt die Arme um meinen Hals.

»Was dann?« Meine Stimme klingt vor Aufregung rau.

»Weiß nicht. Vielleicht braucht es nicht gleich eine Bezeichnung, sondern nur ein paar Küsse.« 

 

14. 

»Du bist ganz besessen von Küssen.«

Ole wird rot und senkt den Blick. Als er die Arme runternehmen will, halte ich sie jedoch fest.

»Ich seit gestern Abend auch«, flüstere ich. »Also willst du mich küssen?«

»Ja«, haucht er verlegen.

»Na dann ...« Ich lege einen Finger unter sein Kinn und bringe ihn dazu, mich anzusehen. Meine Hand berührt seine Wange, die sich heiß anfühlt. Ich beuge mich vor und verharre einen Moment, um sein Gesicht zu betrachten. Er hat seine Lippen leicht geöffnet. Ich spüre seinen Atem auf meiner Haut und genieße das Kribbeln, das sich durch meinen Körper zieht. Zittrig beobachtet er mich.

»Sags noch mal«, bitte ich ihn und lecke mir begierig über die Lippen.

»Will dich küssen«, raunt er und presst seinen Mund auf meinen. Stürmisch fällt er über mich her, bis ich seinen Kopf mit beiden Händen festhalte und die Kontrolle übernehme. Ich bringe ihn dazu, langsamer zu werden, mehr zu fühlen, zu erkunden, zu schmecken ... Ein süßer Weihnachtskuss, der unsere Körper trotzdem in Wallung bringt. Atemlos lösen wir uns. Ole lehnt seinen Kopf gegen meine Schulter und seufzt leise.

»Alles in Ordnung?«, frage ich mit kratziger Stimme.

»Ziemlich perfekt. Was ist mit dir?«

»Ich brauch vielleicht noch einen Test für ein endgültiges Urteil.«

Ole strahlt mich an. Sein Blick berührt etwas in meinem Herzen, von dem ich dachte, ich hätte es längst verloren. Dann küsst er mich. Ich lasse mich von ihm mitreißen und spüre, wie er seinen Unterleib gegen meinen presst. Sein leises Stöhnen heizt meine Lust an, aber ein Rest Verstand ermahnt mich, nicht in der Küche meiner Eltern mit ihm rumzumachen.

»Und jetzt?«, erkundigt er sich mit rauer Stimme.

»Ich fühle mich ziemlich gut«, antworte ich und kämpfe gegen das Bedürfnis, erneut über ihn herzufallen. Er scheint eine wunderbare Ablenkung zu sein.

»Was ist mit der anderen Sache?« Ole mustert mich intensiv.

»Was meinst du?«

»Bleibst du länger hier?«

»Ich bleibe ein paar Tage«, murmle ich, trete einige Schritte zurück und verschränke die Arme vor der Brust. Ich will nicht mit ihm darüber reden. Wir kennen uns nicht und ein paar Küsse ändern nichts daran.

 

15. 

Ihm entgeht meine ablehnende Haltung nicht, denn er zieht sich ebenfalls zurück.

»Ich sollte jetzt mal los«, sagt er und geht einige Schritte in Richtung Küchentür. »Oder braucht ihr mich noch zum Backen.«

»Nein, das kriegen wir allein hin. Die Backöfen werden heute ja nicht schon wieder versagen.«

»Es war zum Glück nur einen Kleinigkeit. Also dann ...«

»Guten Morgen, Jungs! Ihr seid ja schon wach und Kaffee rieche ich auch. Habt ihr etwa schon gefrühstückt?«

»Ich bin noch satt von gestern«, behauptet Ole und reibt sich über den Bauch. 

»Du solltest auch nicht die ganzen Plätzchen aufessen«, sage ich und ernte einen grimmigen Blick von ihm. Es ist seltsam. Vor ein paar Minuten haben wir uns geküsst und jetzt wäre es mir lieber, er würde verschwinden. Verlegen fahre ich durch meine zu langen Haare und plane einen Friseurbesuch in den nächsten Tagen.

»Ich muss echt los.« Ole geht an meiner Mutter vorbei in den Flur.

»Danke, dass du uns geholfen hast«, sagt sie. »Du weißt, dass du hier jederzeit willkommen bist.«

»Jetzt ist ja dein Sohn da«, erwidert er und schaut mich erneut an. Ich versuche zu lächeln, aber mehr als ein schiefes Grinsen bringe ich nicht zustande.

Mama wirft mir einen fragenden Blick zu. Vermutlich entgeht ihr die angespannte Stimmung nicht. Ich zucke lediglich mit den Schultern, denn die Situation überfordert mich.

»Hast du heute Abend Lust auf einen Lichterspaziergang?«, frage ich Ole, während er die dicken Winterboots anzieht.

»Willst du mit einer Taschenlampe durch den Ort laufen?«, erkundigt er sich ironisch. Ich schaue ihn verständnislos an, ehe mir bewusst wird, was für eine bescheuerte Frage ich gestellt habe.

»Stimmt, das war ...ähm ...« 

»Schon gut«, unterbricht er mich und zieht seine Jacke an. 

Mama räuspert sich ungeduldig, dann verschwindet sie im Bad.

»Hier im Haus gibt es bestimmt irgendwo eine Taschenlampe«, versuche ich es erneut. Oles Mundwinkel zucken verdächtig, obwohl er sich bemüht, ernst zu bleiben.

»Ich habe auch eine«, sagt er schließlich und schaut mich erwartungsvoll an. Ich überwinde die Distanz und lege meine Hände auf seine Wangen.

»Es ist gerade wirklich nicht einfach für mich, aber ich mag deine Küsse.«


Auch an diesem Adventsonntag habe ich ein kleines Gewinnspiel für euch. Zwei von euch können sich noch einmal auf Überraschungspost freuen. Und weil Nicht-Schwängelbells-Wochenende ist, ist da auch was aus dem Lagerbeständen drin. 

Wie immer reicht ein kleiner Gruß unter diesem Beitrag, um in den Lostopf zu hüpfen. 

An dieser Stelle danke ich allen, die hier so fleißig mitlesen und kommentieren ganz herzlich. Ich weiß ja, dass der Blog nicht gerade ein Quell der Inspiration und Information ist, aber ich bin gern hier und vor allem mit euch! 

Viel Glück und viel Spaß mit der Weihnachtsgeschichte. 


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Kommentar schreiben

Kommentare: 6
  • #1

    Susan. (Sonntag, 15 Dezember 2024 10:50)

    Ich wünsche Euch einen schönen 3. Advent ���. Obwohl ich über all deine Kanäle mitlese mag ich den Blog am meisten. Ich sitze gemütlich bei Kaffee und Weihrauchduft und lese alle Kapitel deiner Wochenendzusammenfassung.
    Auch ein Ritual mittlerweile.
    LG Susan

  • #2

    Manuela F. (Sonntag, 15 Dezember 2024 11:43)

    Liebe Karo,
    wünsch dir einen schönen 3.Advent.
    Deine Geschichte ist einfach toll und die zwei machen einen richtigen
    Eiertanz umeinander, hoffentlich schaffen sie es vor Weihnachten.
    Ganz liebe Grüße Manu

  • #3

    Karin Bill (Sonntag, 15 Dezember 2024 12:25)

    Das war heute meine 3. Advents-Frühstücks-Lektüre.
    Ich finde das am Wochenende immer schön, sich gemütlich hinzusetzen und nochmal nachzulesen, was unter der Woche passiert ist �
    Das hat sowas heimeliges.
    Habt alle einen ganz schönen 3.Advent ♥️

  • #4

    Sabine (Sonntag, 15 Dezember 2024 14:49)

    Liebe Karo, ich bin von deinen Kurzgeschichten immer fasziniert. Gerade die zu Weihnachten sind immer so richtig schön. �

  • #5

    Anja Hoffmann (Sonntag, 15 Dezember 2024 17:44)

    Hallo liebe Karo,

    ich liebe deine Geschichten einfach, und in der Adventszeit freue ich mich mittlerweile am meisten auf deinen Kalender. Der gehört schon seit einigen Jahren einfach dazu und um ehrlich zu sein, meine Schokoladenkalender vergesse ich mittlerweile zu öffnen, aber Deinen Kalender nie. ❤❤❤

  • #6

    Piccolo (Sonntag, 15 Dezember 2024 18:06)

    Liebe Karo,

    ich wünsche einen schönen 3. Advent.

    Die Küsse sind zuckersüß, gefallen beiden sehr und wie wollen mehr davon. Oh Mann, da ist ja einiges schiefgelaufen und Ole muss den Schlamassel, obwohl er auch nichts dafür kann. Jetzt sollte Rick auch endlich mal Vertrauen beweisen und allen erzählen, was bei ihm so los ist.

    Bis nächstes Wochenende.

    Liebe Grüße,
    Piccolo

    PS: Deine Weihnachtskarte und ein paar aus den Vorjahren stehen unter meinen Baum bzw. im Zimmer verteilt.